Strafverteidigung in Frankfurt – Auslieferung & Spezialitätsgrundsatz, bundesweite Vertretung
Die Kanzlei Buchert Jacob Peter verteidigt Beschuldigte in allen Phasen grenzüberschreitender Verfahren – von ersten Hinweisen auf einen Europäischen Haftbefehl bis zur Frage, was nach der Übergabe in Deutschland zulässig ist. Kernbegriff ist der Spezialitätsgrundsatz: Im Inland dürfen nur diejenigen Taten verfolgt oder vollstreckt werden, die die ausländische Bewilligungsentscheidung tatsächlich trägt (Art. 14 EuAlÜbk; Art. 27 RB-EUHb; § 83h IRG). Für weitergehende Vorwürfe besteht ein Hindernis, bis eine Nachtragsbewilligung vorliegt; währenddessen kann die Verjährung ruhen. Unsere Strafverteidigung sichert Ihre Rechte frühzeitig und strukturiert – faktenfest, diskret und bundesweit.
Komplex wird es besonders bei Mehrfachtätern und Seriensachverhalten – häufig im Wirtschaftsstrafrecht und Steuerstrafrecht aber auch häufig bei Drogendelikten anzutreffen. Hier entscheidet die Reichweite der Bewilligung darüber, ob Eingriffe wie Untersuchungshaft oder die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe überhaupt zulässig sind. Begriffe und Abläufe erläutern wir verständlich im Rechtslexikon und unter Aktuelles.
Problem: Spezialität – was ist erlaubt, was nicht?
Die Spezialität schützt den Beschuldigten und die Souveränität des ausliefernden Staates: Nach der Übergabe sind Strafverfolgungs- und Vollstreckungsmaßnahmen nur wegen derjenigen Taten zulässig, die ausdrücklich von der Bewilligung erfasst sind. Für andere Sachverhalte ist ein Nachtragsersuchen erforderlich. Ermittlungen können zwar geführt werden, aber freiheitsentziehende Maßnahmen sind insoweit gesperrt (§ 83h Abs. 2 Nr. 3, 4 IRG). Das betrifft insbesondere Haftbefehle, Festnahmen und deren Vollzug, die Durchsuchung sowie Beschlagnahme von Beweismitteln. Wichtig: Der bloße Erlass eines Haftbefehls kann zulässig sein; die Vollstreckung ist ohne Bewilligungsdeckung unzulässig.
Im Recht der Auslieferung greifen unterschiedliche Tatbegriffe: Nach deutscher Sicht ist für § 264 StPO die „prozessuale Tat“ entscheidend; im Bereich des RB-EUHb wird nach der Rechtsprechung stärker auf die rechtliche Qualifikation abgestellt (Art. 27 Abs. 2 RB-EUHb). Zulässig sind deshalb Abweichungen in zeitlicher oder örtlicher Einordnung, solange Art und Deliktskategorie gleichbleiben. In der Praxis ist diese Differenz zentral für die Reichweite der Verfolgung und die Grenzen zusätzlicher Vorwürfe, etwa bei Serienhandlungen im Betrug, Computerbetrug oder Untreue.
Lösung: Verteidigung, die Spezialität wirksam macht
Wir stellen von Beginn an auf belastbare Aktenkenntnis ab, sichern Verfahrensrechte und gestalten die Kommunikation mit den Behörden. Zentrale Instrumente sind die zügige Akteneinsicht, die Prüfung der Bewilligungsentscheidungen und – falls nötig – die Abwehr unzulässiger Freiheitsbeschränkungen. Im Eilfall koordinieren wir Auftreten und Schweigerecht; das Auskunftsverweigerungsrecht schützt vor übereilten Einlassungen.
Wenn die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt, prüfen wir die Anklageschrift auf Spezialitätsbezug und beantragen gegebenenfalls die Trennung oder Aussetzung nicht gedeckter Vorwürfe.
Vorgehen: Schritt für Schritt – wissenschaftlich fundiert, praktisch wirksam
1. Erstbewertung und Eilrechtsschutz
Wir identifizieren, welche Einzeltaten die Bewilligung tatsächlich trägt (Art. 14 EuAlÜbk; Art. 27 RB-EUHb). Maßgeblich sind der zugrunde liegende Europäische Haftbefehl, sein gerichtlicher Bezug (z. B. zum nationalen Haftbefehl) und die Beschlüsse der ausländischen Justiz. Bei Eingriffsmaßnahmen prüfen wir dringenden Tatverdacht, Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit.
2. Aktenanalyse und Verfahrenslenkung
Über die Ermittlungsakte grenzen wir den Tatkomplex ab und klären, ob ergänzende Vorwürfe ein Nachtragsersuchen erfordern.
Rechtlicher Hintergrund: Leitsätze und Praxisfolgen
BGH zur Gesamtstrafenbildung: Die Einbeziehung nicht gedeckter Strafen in eine neue Gesamtfreiheitsstrafe ist unzulässig, solange keine Zustimmung des ausliefernden Staates vorliegt (Grundsatz der Spezialität; Anknüpfung an Art. 14 EuAlÜbk, § 83h IRG). Dies gilt nicht nur für nachträgliche Gesamtstrafen, sondern – erst recht – bei gleichzeitiger Aburteilung, wenn ein Teil der Taten nicht von der Bewilligung umfasst ist. Verteidigungspraxis: rechtzeitige Trennung und Antrag auf nachträgliche Bildung nach §§ 460, 462 StPO, sobald Zustimmung oder Verzicht vorliegt.
BGH zum Charakter des Hindernisses: Ein Verstoß gegen Spezialität führt nicht zur Einstellung des Verfahrens, sondern „nur“ zu einem Vollstreckungshindernis sowie zum Verbot freiheitsentziehender Maßnahmen für nicht gedeckte Taten. Das Gericht kann also verurteilen, die Vollstreckung bleibt jedoch gesperrt. Verteidigungspraxis: rechtzeitig die Grenzen im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren rügen, unzulässige Haftvollzüge stoppen und Bewilligungsinhalte aktenkundig machen.
Dogmatische Feinheiten: Für § 264 StPO gilt der prozessuale Tatbegriff („dieselbe Tat“ als einheitlicher Lebensvorgang), während im Rahmen des RB-EUHb stärker die rechtliche Qualifikation im Vordergrund steht (Deliktskategorien nach Art. 2 Abs. 2 RB-EUHb). Abweichungen in Zeit und Ort können zulässig sein, solange Art und Deliktscharakter nicht wechseln. Die Abgrenzung berührt ne bis in idem (Art. 54 SDÜ) und verlangt eine sorgfältige prozessuale Taktik, insbesondere bei Seriensachverhalten wie Bilanzdelikten, Geldwäsche oder Insiderhandel.
Disposition und Verzicht: Der Schutz kann entfallen durch wirksamen Spezialitätsverzicht – etwa im Zusammenhang mit vereinfachter Auslieferung –, durch „Schonfrist“-Ablauf nach Einreise oder durch freiwillige Wiedereinreise in Kenntnis der Folgen (§ 41 Abs. 2 IRG; einschlägige Vertragsregeln). Verteidigungspraxis: Wir prüfen Reichweite und Wirksamkeit solcher Erklärungen, dokumentieren Belehrungen und verhindern unbeabsichtigte Verzichtslagen.
Praxisbeispiele: Was wir konkret für Sie tun
- Nach Akteneinsicht begrenzen wir Verfahrensstoff und verhindern unzulässige Vollstreckungen außerhalb der Bewilligung.
- Wir koordinieren die Kommunikation mit der Staatsanwaltschaft, beantragen Einstellungen und prüfen Alternativen zur Hauptverhandlung.
FAQ: Häufige Fragen zur Auslieferung und Spezialität
Gilt Spezialität nur für Vollstreckung, oder auch für die Verfolgung?
Sie wirkt in beidem: Ohne Nachtragsbewilligung sind zusätzliche Vollstreckungen gesperrt; Ermittlungen können geführt werden, freiheitsentziehende Maßnahmen bleiben aber unzulässig. Orientierung bieten die Stichworte Ermittlungsverfahren und Strafverfahren.
Kann ein Haftbefehl erlassen werden, obwohl Spezialität greift?
Der Erlass ist möglich, die Vollstreckung kann jedoch unzulässig sein, wenn der Vorwurf nicht von der Bewilligung gedeckt ist. Wir überprüfen Haftbefehle und Haft konsequent.
Was bedeutet „Nachtragsersuchen“ konkret?
Der ersuchende Staat bittet den ausliefernden Staat um Erweiterung der Bewilligung, damit weitere Taten verfolgt oder Sanktionen vollstreckt werden dürfen. Bis zur Entscheidung bleiben freiheitsentziehende Maßnahmen insoweit gesperrt. In passenden Fällen arbeiten wir zugleich auf eine Verfahrensbeendigung hin.
Kann eine Gesamtstrafe gebildet werden, wenn nicht alle Einzelstrafen bewilligt sind?
Nein. Ohne Deckung durch die Bewilligung ist eine Einbeziehung nicht zulässig; regelmäßig bleibt nur eine spätere Entscheidung nach §§ 460, 462 StPO, sobald Zustimmung oder wirksamer Verzicht vorliegt. Näheres unter Rechtsmittel.
Welche Rolle spielt der „Tatbegriff“?
Für § 264 StPO zählt die prozessuale Tat als einheitlicher Lebensvorgang; im Rahmen des RB-EUHb wird stärker auf die rechtliche Einordnung abgestellt. Diese Differenz ist entscheidend, wenn es um Erweiterungen, Konkurrenzen oder die Reichweite eines Europäischen Haftbefehls geht.
Call-to-Action: Sprechen Sie frühzeitig mit uns
Wenn Ihnen eine Auslieferung droht, ein Europäischer Haftbefehl im Raum steht oder sich der Vorwurf nach der Übergabe auszuweiten scheint, ist eine strukturierte Verteidigung entscheidend. Wir prüfen Bewilligungsgrenzen, stoppen unzulässige Freiheitsbeschränkungen und entwickeln eine klare, belastbare Strategie. Telefonisch erreichen Sie uns kurzfristig.
Kontakt: Telefon 069 710 33 330 · E-Mail kanzlei@dr-buchert.de
Kontaktieren Sie uns – Ihre Fachanwälte und Anwälte für Strafrecht in Frankfurt am Main und bundesweit
Rechtsanwalt Frank M. Peter, Fachanwalt für Strafrecht
Rechtsanwältin Dr. Caroline Jacob, Fachanwältin für Strafrecht
Als Of Counsel: Prof. Dr. Frank Peter Schuster
Als Kooperationspartner: Steuerberater und ehemaliger Steuerfahnder Frank Wehrheim
Unsere Rechtsanwaltskanzlei Buchert Jacob Peter arbeitet seit über 25 Jahren in Frankfurt am Main mit erfahrenen Anwälten in der Strafverteidigung. Wir vertreten unsere Mandantschaft bundesweit.
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