Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) und Steuerstrafrecht: Auswirkungen, Risiken und offene Fragen
Warum das HinSchG auch für das Steuerstrafrecht wichtig ist
Für das Steuerstrafrecht ist das Gesetz von erheblicher Bedeutung, da es Steuerhinterziehung, Geldwäsche und missbräuchliche Steuergestaltungen betrifft. Unternehmen, Steuerberater und Arbeitnehmer müssen sich mit den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandersetzen.
Steuerstrafrechtlicher Anwendungsbereich des HinSchG
Welche Steuerverstöße sind erfasst?
Das HinSchG gilt gem. §§ 2 und 3 für begründete Verdachtsmomente bei:
- Steuerhinterziehung (§ 370 AO)
- Ordnungswidrigkeiten (§§ 378, 380 AO)
- missbräuchlichen Steuergestaltungen nach § 42 AO (z. B. Cum-Ex, Panama Papers)
- Verstöße im Bereich Geldwäsche
Damit betrifft das HinSchG nicht nur klassische Fiskalinteressen, sondern auch Arbeitnehmerrechte, etwa die ordnungsgemäße Abführung der Lohnsteuer.
➡ Mehr dazu im Rechtslexikon: Steuerhinterziehung
Durchbrechung des Mandatsgeheimnisses: Unterschiede zwischen Anwälten und Steuerberatern
Anwälte bleiben geschützt – Steuerberater nicht
Ein wesentlicher Punkt: Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 HinSchG gilt das Verschwiegenheitsprivileg weiterhin für Rechtsanwälte und Verteidiger. Steuerberater sind hiervon nicht erfasst. Sie können Informationen an externe Meldestellen wie BaFin oder Bundesamt für Justiz weitergeben – anonym oder offen.
Meldung an die Öffentlichkeit
Eine direkte Offenlegung über Medien oder Social Media ist nur zulässig, wenn:
- vorher eine Meldung an eine externe Stelle erfolgte,
- dort keine Reaktion erfolgte oder Gefahr im Verzug bestand.
In diesen Fällen ist eine Strafbarkeit ausgeschlossen – auch § 203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen) greift dann nicht.
Strafbarkeitsrisiken für Hinweisgeber
Schutz durch § 35 HinSchG
Whistleblower sind geschützt, wenn sie Informationen in gutem Glauben weitergeben und diese notwendig zur Aufdeckung eines Verstoßes sind.
Restrisiken bleiben bestehen
Trotzdem können andere Normen eine Strafbarkeit begründen, u. a.:
- Datenstrafrecht (§§ 201, 202a-d, 303a, 303b StGB)
- Bundesdatenschutzgesetz (§ 42 BDSG)
- Geschäftsgeheimnisgesetz – soweit kein Missstand objektiv vorliegt
➡ Mehr zu Risiken im Verfahren: Ermittlungsverfahren
Selbstanzeige und Fremdanzeige: Wechselwirkungen mit dem HinSchG
Wann ist eine Selbstanzeige ausgeschlossen?
Eine strafbefreiende Selbstanzeige (§ 371 AO) scheitert, sobald die Tat „entdeckt“ ist. Das kann bereits dann der Fall sein, wenn eine Hinweisgeberin Informationen an eine externe Meldestelle weitergeleitet hat.
Fremdanzeige und Hinweisgeber
Hinweisgeber können als „Entdecker“ gelten. Ihre Hinweise werden von externen Meldestellen an die Finanzbehörden weitergegeben (§ 116 AO). Dadurch kann eine Tatentdeckung ausgelöst werden – mit erheblichen Folgen für den Steuerpflichtigen.
➡ Mehr im Rechtslexikon: Selbstanzeige
Steuerliche Behandlung von Hinweisgeberprämien
Erhält ein Whistleblower eine Belohnung oder Erfolgsprämie, sind diese Zahlungen steuerpflichtig (§ 22 Nr. 3 EStG). Sie gelten als Einkünfte aus sonstigen Leistungen.
Interne Meldestellen und Beschlagnahme
Kein voller Schutz vor Ermittlungsmaßnahmen
Interne Meldestellen haben keine Zeugnisverweigerungsrechte. Das bedeutet: Dokumentationen und Hinweisgeberdaten können bei Durchsuchungen sichergestellt werden.
Die Jones-Day-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat klargestellt: Ombuds-Anwälte sind nicht umfassend beschlagnahmefrei. Nur in Ausnahmefällen kann Schutz aus § 97 StPO oder § 148 StPO greifen.
➡ Vertiefung: Geldwäsche
Das HinSchG bringt deutliche Veränderungen mit sich – insbesondere für Steuerberater, Unternehmen und deren Compliance-Abteilungen.
- Hinweisgeber sind weitgehend geschützt, tragen aber gewisse Restrisiken.
- Selbstanzeigen können schneller ausgeschlossen sein, wenn Meldungen nach HinSchG erfolgen.
- Interne Meldestellen müssen sich auf mögliche Ermittlungsmaßnahmen einstellen.
Für die Praxis bedeutet das: Unternehmen sollten Compliance-Systeme anpassen, Steuerberater müssen ihre Rolle neu bewerten und Hinweisgeber sollten sich rechtlich beraten lassen.
FAQ
Welche steuerstrafrechtlichen Delikte erfasst das HinSchG?
Vor allem Steuerhinterziehung, Geldwäsche und missbräuchliche Steuergestaltungen (§ 42 AO), aber auch Ordnungswidrigkeiten nach §§ 378, 380 AO.
Sind Steuerberater vom Mandatsgeheimnis geschützt?
Nein. Anders als Rechtsanwälte dürfen Steuerberater Informationen an externe Meldestellen weitergeben.
Kann eine Meldung durch Hinweisgeber eine Selbstanzeige verhindern?
Ja. Sobald eine Tat durch eine Meldung „entdeckt“ ist, ist eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO ausgeschlossen.
Sind Prämien für Hinweisgeber steuerpflichtig?
Ja, sie sind als Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG zu versteuern.
Sind interne Meldestellen vor Beschlagnahmen geschützt?
Nein, sie haben kein Zeugnisverweigerungsrecht. Ermittlungsbehörden können Unterlagen und Daten beschlagnahmen.
Kontaktieren Sie uns – Ihre Fachanwälte und Anwälte für Strafrecht in Frankfurt am Main und bundesweit
- Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht Dr. Caroline Jacob
- Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Frank M. Peter
- Rechtsanwalt Dr. Sven Henseler, Diplom-Finanzwirt (FH)
- Als Of Counsel Prof. Dr. Frank Peter Schuster
- Als Kooperationspartner Steuerberater und ehemaliger Steuerfahnder Frank Wehrheim
Unsere Rechtsanwaltskanzlei arbeitet seit über 25 Jahren in Frankfurt am Main mit erfahrenen Anwälten in der Strafverteidigung. Wir vertreten unsere Mandantschaft bundesweit.
📞 Telefon: 069 710 33 330
✉️ E-Mail: kanzlei@dr-buchert.de
Benötigen Sie eine Rechtsberatung?
Wir beraten und vertreten Privatpersonen und Unternehmen in Ermittlungsverfahren und Strafverfahren bundesweit und vor allen Gerichten. Profitieren Sie von unserer langjährigen Erfahrung und unserer Kompetenz in Sachen Strafverteidigung.