Verwertungsverbot von Erkenntnissen aus einem Strafverfahren im Besteuerungsverfahren (BFH, 23.04.2025 – I B 51/22)

Verwertungsverbot von Erkenntnissen aus einem Strafverfahren im Besteuerungsverfahren (BFH, 23.04.2025 – I B 51/22)

Kernaussage und Bedeutung für Unternehmen

Der Bundesfinanzhof hat klargestellt: Werden elektronische Daten aus einem fremden Strafverfahren ungefiltert an die Steuerverwaltung weitergegeben, kann im Besteuerungsverfahren ein qualifiziertes Verwertungsverbot greifen – insbesondere zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung. Für Mandantinnen und Mandanten in Strafrecht, Steuerstrafrecht und Wirtschaftsstrafrecht hat dies erhebliche praktische Relevanz: In Außenprüfungen dürfen Ermittlungsfunde aus anderen Verfahren nicht schrankenlos genutzt werden.

Was war passiert?

Im Ausgangsfall wertete ein Außenprüfer E-Mails von einer sichergestellten Festplatte aus, die im Rahmen eines gegen Dritte geführten Ermittlungsverfahrens erlangt wurde. Vor der Weitergabe an die Finanzverwaltung hatte keine Durchsicht im Sinne des § 110 StPO stattgefunden. Gerade eine solche vorangestellte Durchsuchung und anschließend gezielte Beschlagnahme schaffen die rechtsstaatlichen Filter, die ungeeignete oder intime Daten aussortieren sollen.

Die Leitplanken des BFH – in der Praxis

  1. Kein Automatismus: Es existiert kein allgemeines Verwertungsverbot für formell fehlerhaft erlangte Erkenntnisse. Ein qualifiziertes Verwertungsverbot kommt aber in Betracht, wenn verfassungsrechtlich geschützte Bereiche verletzt sind (z. B. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung).
  2. Fernwirkung: Liegt ein qualifizierter Verstoß vor, erstreckt sich das Verwertungsverbot ausnahmsweise auch auf Folgebefunde (sog. Fernwirkung).
  3. Rollenklärung: Der Außenprüfer ist zum Betreten und Besichtigen befugt – nicht jedoch zu eigenständiger Durchsuchung oder Beschlagnahme.
  4. Zeitfaktor: Ein überlanger Verbleib ungeprüfter Datenträger bei Ermittlungsbehörden spricht gegen die Verwertung.
  5. Trennlinie Verwaltungs-/Strafverfahren: Die Steuerfahndung agiert strafprozessual; in der steuerlichen Außenprüfung gelten eng begrenzte Zugriffsrechte.

Handlungsempfehlungen für Betroffene

  • Aktenlage prüfen: Frühzeitig Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen und dokumentieren, ob vor Weitergabe eine § 110-Durchsicht erfolgte.
  • Rechtsbehelfe nutzen: Verwertungswiderspruch begründen; Fernwirkung adressieren, wenn steuerliche Feststellungen ausschließlich auf rechtswidrig erlangten Daten beruhen.
  • Strategisch verzahnen: Verteidigung im Ermittlungsverfahren und in der Außenprüfung abstimmen – insbesondere bei drohender Einziehung.
  • Compliance stärken: Interne Prozesse und Forensik so gestalten, dass Datenzugriffe rechtssicher dokumentiert sind – relevant auch für Themen wie Betrug oder Kapitalmarktbezüge.

Warum Buchert Jacob Peter?

Als Boutique-Kanzlei in Frankfurt am Main vertreten wir bundesweit. Unser Team verbindet hochspezialisierte Verteidigung in Steuerstrafrecht und Wirtschaftsstrafrecht mit der Erfahrung aus komplexen Außenprüfungen. Wir prüfen Verwertungshürden, wahren Grundrechte und entwickeln belastbare Strategien – von der ersten Prüfungsanordnung bis zur gerichtlichen Entscheidung. Aktuelle Analysen finden Sie laufend unter Aktuelles („What’s new?“) sowie im Rechtslexikon.

FAQ

Greift das Verwertungsverbot automatisch?
Nein. Es bedarf eines qualifizierten Verstoßes – etwa der ungefilterten Datenweitergabe ohne § 110-Durchsicht.

Gilt das auch bei Daten aus Nichtsteuerverfahren?
Ja, wenn Grundrechte verletzt sind und die Weitergabe ungeprüft erfolgte; dann kann eine Fernwirkung eintreten.

Dürfen Außenprüfer E-Mails auswerten?
Nur im rechtlichen Rahmen der Außenprüfung. Eigenständige Durchsuchung oder Beschlagnahme sind ihnen verwehrt.

Was sollte ich unmittelbar tun?
Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen, Herkunft der Daten klären, Verwertungswiderspruch vorbereiten – und spezialisierte Verteidigung einbinden.


Kontaktieren Sie uns – Ihre Fachanwälte und Anwälte für Strafrecht in Frankfurt am Main und bundesweit
Rechtsanwältin Dr. Caroline Jacob, Fachanwältin für Strafrecht
Rechtsanwalt Frank M. Peter, Fachanwalt für Strafrecht
Rechtsanwalt Dr. Sven Henseler, Diplom-Finanzwirt (FH)
• Als Of Counsel: Prof. Dr. Frank Peter Schuster
• Als Kooperationspartner: Steuerberater und ehemaliger Steuerfahnder Frank Wehrheim

Unsere Rechtsanwaltskanzlei Buchert Jacob Peter arbeitet seit über 25 Jahren in Frankfurt am Main mit erfahrenen Anwälten in der Strafverteidigung. Wir vertreten unsere Mandantschaft bundesweit.

📞 Telefon: 069 710 33 330
✉️ E-Mail: kanzlei@dr-buchert.de

Mehr dazu: Steuerstrafrecht · Strafverteidigung · Wirtschaftsstrafrecht · Anwälte

Benötigen Sie eine Rechtsberatung?
Wir beraten und vertreten Privatpersonen und Unternehmen in Ermittlungsverfahren und Strafverfahren bundesweit und vor allen Gerichten. Profitieren Sie von unserer langjährigen Erfahrung und unserer Kompetenz in Sachen Strafverteidigung.