Umsatzsteuerhinterziehung: Risiken, typische Konstellationen & Verteidigung
Die Umsatzsteuer ist eine Anmeldesteuer – Unternehmen berechnen, melden und zahlen sie eigenverantwortlich. Genau das macht sie anfällig für Fehler und Missbrauch. Wer Umsätze nicht oder falsch erklärt, unberechtigt befreit, falsche Steuersätze nutzt, Scheinrechnungen verbucht oder Vorsteuer zu Unrecht geltend macht, riskiert schnell den Vorwurf der Steuerhinterziehung.
Typische Tatvarianten im Überblick
- Nicht- oder unvollständige Erklärung steuerpflichtiger Umsätze
- Unrichtiger/unberechtigter Steuerausweis (§ 14c UStG)
- Unberechtigter Vorsteuerabzug (z. B. bei Scheinrechnungen, falscher Leistender/Leistungsempfänger)
- Eingebundenheit in ein Umsatzsteuerkarussell oder Kettengeschäfte
Voranmeldung vs. Jahreserklärung
Unrichtige Voranmeldungen führen häufig nur zu einer Steuerverkürzung auf Zeit; erst mit der Jahreserklärung droht eine endgültige Verkürzung – beides kann strafbar sein (Einzelfall!). Frühzeitige Korrekturen und aktive Verteidigungsstrategien helfen, Risiken zu minimieren. Dazu beraten wir Sie – diskret und zielgerichtet.
Vorsteuerabzug: Form & Materie richtig zusammendenken
Fehlerquellen liegen oft in der Rechnung: Anschrift, Leistungsbeschreibung, Identität des Leistenden. Wird der Vorsteuerabzug wegen Missbrauchs versagt, drohen erhebliche Nachzahlungen. Prüfen Sie Verdachtsmomente in Lieferketten – gerade bei „günstigen“ Angeboten. Unser Überblicksbeitrag zur Versagung des Vorsteuerabzugs (EuGH) zeigt aktuelle Entwicklungen:
→ Aktuell: Versagung des Vorsteuerabzugs bei systematischen Manipulationen (EuGH, 17.1.2024)
§ 25f UStG: Missbrauchsvermeidung gesetzlich kodifiziert
Seit 1.1.2020 kann der Vorsteuerabzug oder die Steuerbefreiung versagt werden, wenn der Unternehmer wusste oder hätte wissen müssen, dass seine Leistung Teil einer Steuerhinterziehung ist. Wir prüfen für Sie, ob Indizien vorliegen und wie Sie Compliance und Dokumentation nachschärfen.
IGL, ZM & Ausfuhr: Befreiung nur bei sauberem Nachweis
- Innergemeinschaftliche Lieferungen bleiben nur bei Einhaltung der Buch‑/Belegnachweise und Zusammenfassenden Meldung steuerfrei – scheinbare Zwischenerwerber, verschleierte Identitäten oder auffällige Lieferketten können die Befreiung kosten.
- Ausfuhrlieferungen in Drittländer sind materiell-rechtlich zu prüfen; formelle Mängel sind nicht immer „tödlich“. Wir bewerten die Nachweislage und entwickeln mit Ihnen belastbare Prozesse.
Ermittlungsdruck? So verhalten Sie sich richtig
- Keine Alleingänge. Kontaktieren Sie sofort spezialisierte Verteidiger.
- Keine vorschnellen Erklärungen gegenüber der Steuerfahndung oder Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) ohne Beratung.
- Unterlagen sichern und Aufbewahrungspflichten beachten.
- Option Selbstanzeige prüfen – rechtzeitig, vollständig und formal korrekt:
→ Selbstanzeige - Schadensbegrenzung und Verjährung strategisch bewerten:
→ Verjährung im Steuerstrafrecht - Strafzumessungsrisiken realistisch einschätzen:
→ Strafmaß | Strafzumessung | Strafen
Besondere Risikofelder in der Praxis
- Scheinrechnungen/Provisionsmodelle (z. B. bei Vertriebsnetzwerken) → aktueller Überblick:
Provisionszahlungen & Scheinrechnungen – wie Unternehmer sich schützen - Organisationsverschulden & Haftung (z. B. § 71 AO):
→ Haftung im Steuerstrafrecht (§ 71 AO) - Kompensation/Verrechnung in der Verteidigung:
→ Kompensationsverbot
Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine Rechtsberatung im Einzelfall. Bei Ermittlungen, Betriebsprüfungen oder Verdachtsmomenten beraten wir Sie bundesweit – vertraulich und schnell.
FAQ
Was gilt als Umsatzsteuerhinterziehung?
Etwa das Verschweigen von Umsätzen, falsche Steuersätze, unberechtigte Befreiungen, unberechtigter Vorsteuerabzug oder der unrichtige/unberechtigte Steuerausweis (§ 14c UStG). Bei Verdachtsmomenten siehe unsere Steuerhinterziehung‑Übersicht.
Wann ist eine „Verkürzung auf Zeit“ nur vorläufig?
Bei unrichtigen Voranmeldungen liegt meist nur eine Zeitverkürzung vor; endgültig wird es häufig erst mit der Jahreserklärung (BGH‑Rechtsprechung).
Darf die Finanzbehörde den Vorsteuerabzug trotz formeller Mängel gewähren?
Ja, wenn die materiellen Voraussetzungen feststehen; zugleich kann bei Missbrauch/EU‑Karussellen der Abzug versagt werden (EuGH „Italmoda“).
Was regelt § 25f UStG?
Die gesetzliche Versagung von Steuerbefreiung/Vorsteuerabzug, wenn der Unternehmer wusste/hätte wissen müssen, dass sein Umsatz Teil einer USt‑Hinterziehung ist.
Welche Besonderheiten gelten bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (IGL)?
IGL sind nur bei korrekten Belegen und zusammenfassender Meldung steuerfrei; kollusives Verhalten oder verschleierte Abnehmeridentität kann die Befreiung ausschließen.
Und bei Ausfuhrlieferungen?
Hier stehen materielle Voraussetzungen im Vordergrund; formelle Fehler führen nicht automatisch zur Versagung. Eine im Drittstaat begangene Steuerhinterziehung entzieht der deutschen Steuerbefreiung nicht per se die Grundlage.
Zutreffend gemeldet, aber nicht gezahlt – schon strafbar?
Das kann eine Ordnungswidrigkeit nach § 26a UStG sein; bei banden-/gewerbsmäßiger Vorgehensweise kommt § 26c UStG in Betracht.
Wann hilft eine Selbstanzeige?
Richtig, rechtzeitig und vollständig abgegeben, kann sie strafbefreiend wirken. Die Details sind anspruchsvoll – informieren Sie sich hier: Selbstanzeige.
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