Die Hauptverhandlung im deutschen Strafprozess
Nachdem das Ermittlungsverfahren sowie das Zwischenverfahren abgeschlossen sind, in dem der hinreichende Tatverdacht überprüft wird — und zwar durch den Richter, der später auch die Verhandlung führt und das Urteil fällt — folgt das Hauptverfahren. Mit der Eröffnung des Hauptverfahrens wird der Angeschuldigte offiziell zum „Angeklagten“ (§ 157 StPO).
I. Vorbereitung der Hauptverhandlung
Zu den wesentlichen Vorbereitungsschritten für die Hauptverhandlung gehört die Festlegung eines Termins sowie der Erlass von notwendigen Ladungen. Der Eröffnungsbeschluss muss den Beteiligten, insbesondere dem Angeklagten und seinem Verteidiger, sowie den geladenen Zeugen und Sachverständigen zugestellt werden. In größeren Verfahren, vornehmlich im Bereich Wirtschafts- und Steuerstrafrecht vor dem Landgericht, findet des Öfteren gemäß § 202a StPO eine Erörterung des Verfahrensstands mit den Verfahrensbeteiligten statt.
II. Ablauf der Hauptverhandlung
Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache (§ 243 Abs. 1 S. 1 StPO). Der Vorsitzende Richter prüft zunächst, ob der Angeklagte, sein Verteidiger sowie die erforderlichen Beweismittel, vorwiegend die geladenen Zeugen und Sachverständigen, anwesend sind. Nach dieser Überprüfung verlassen die Zeugen den Sitzungssaal, und der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse (§ 243 Abs. 2 StPO), um dessen Identität festzustellen und seine Verhandlungsfähigkeit zu überprüfen.
Im Anschluss daran verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Der Vorsitzende informiert zudem über etwaige Erörterungen zu einer möglichen Verständigung im Verlauf der Verhandlung (§ 257c StPO) und belehrt den Angeklagten über sein Recht zu schweigen.
III. Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung
Nach der Vernehmung des Angeklagten findet die Beweisaufnahme gemäß §§ 244-257 StPO statt. In diesem Rahmen haben der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte das Recht, den Zeugen Fragen zu stellen. Die Reihenfolge der Fragestellung erfolgt nach festgelegten Regeln: Zuerst der Vorsitzende, gefolgt von den Beisitzern, dem Staatsanwalt, dem Vertreter der Nebenklage, möglicherweise dem Sachverständigen, dem Verteidiger und schließlich dem Angeklagten, wie in den §§ 240 und 241a StPO verankert. Für Beweisanträge ist § 244 StPO maßgeblich, während der Umfang der Beweisaufnahme durch § 245 StPO geregelt wird. Gemäß § 257 Abs. 1 StPO sollte der Angeklagte nach der Vernehmung eines jeden Mitangeklagten sowie nach jeder einzelnen Beweiserhebung gefragt werden, ob er etwas zu erklären hat, wobei dies nicht als Vorab-Plädoyer missbraucht werden darf. Weitere Beweismittel können durch Augenscheinsbeweis (§§ 86 ff. StPO) und Urkundenbeweis (§§ 249 ff. StPO) angebracht werden, wobei insbesondere im Wirtschaftsstrafverfahren das Selbstleseverfahren von Bedeutung ist.
IV. Abschluss der Hauptverhandlung
Sobald die Beweisaufnahme abgeschlossen ist, folgen die Plädoyers, in denen der Staatsanwalt und anschließend der Verteidiger ihre Schlussanträge präsentieren. Nach diesen Plädoyers erhält der Angeklagte das letzte Wort, bevor sich das Gericht zur Urteilsberatung zurückzieht. Im Anschluss daran wird das Urteil verkündet, welches von einem Freispruch bis hin zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe reichen kann. Es besteht (bis nach dem Abschluss der Beweisaufnahme) jederzeit die Möglichkeit, das Verfahren einzustellen, sofern ein entsprechender Antrag der Staatsanwaltschaft vorliegt.
V. Rechtsmittel
Nach der Urteilsverkündung haben der verurteilte Angeklagte oder die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit, innerhalb bestimmter Fristen Rechtsmittel wie Berufung (nur für Verfahren, die vor dem Amtsgericht stattfinden) oder Revision (innerhalb einer Woche) einzulegen. Wenn kein Rechtsmittel eingelegt wird, wird das Urteil rechtskräftig und kann nicht mehr angefochten werden.
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