Haftung bei 370 AO nach § 71 AO (Steuerhinterziehung)

Der Haftungsbescheid nach § 71 AO

Rechtliche Grundlagen

Der Haftungsbescheid gemäß § 71 AO ist ein Instrument der Finanzverwaltung, mit dem Personen zur Verantwortung gezogen werden können, die eine Steuerhinterziehung begangen haben oder an dieser beteiligt waren. Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO können diese Personen für die verkürzten Steuern sowie die darauf anfallenden Zinsen in Anspruch genommen werden. Die primäre Zielsetzung des Haftungsbescheids liegt in der Sicherstellung der Steuereinziehung, die durch die Straftat beeinträchtigt wurde. Bei Steuerhinterziehung oder Beteiligung daran haftet der Betroffene für die verkürzten Steuern sowie für die Zinsen nach § 235 und § 233a AO. Die Finanzbehörde muss im Einzelfall die Inanspruchnahme prüfen und feststellen, wobei sich die Kriterien nach dem materiellen Steuerstrafrecht und allgemeinen Strafrecht richten.

Umfang der Haftung

Die Haftung nach § 71 AO umfasst die durch die Steuerhinterziehung verkürzten Steuern sowie die Zinsen gem. § 235 AO, die für hinterzogene Beträge anfallen. Wichtig ist der kausale Zusammenhang: Es muss ein nachweisbarer Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem steuerlichen Schaden bestehen. Die Haftung erstreckt sich auf alle Personen, die vorsätzlich oder grob fahrlässig an der Tat beteiligt waren, einschließlich Täter, Mittäter, Anstifter und Gehilfen.

Feststellungsverfahren und Beweislast

Bevor die Haftung durch einen Haftungsbescheid festgesetzt wird, hat die Finanzbehörde den Sachverhalt umfassend zu ermitteln. Dies schließt die Prüfung ein, ob ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt und die Haftungsvoraussetzungen erfüllt sind. Anders als im Strafverfahren trägt die Finanzbehörde die Feststellungslast gemäß der Abgabenordnung. Hierbei sind die Beweisstandards deutlich niedriger als im strafrechtlichen Kontext. Die Finanzbehörde ist im Haftungsverfahren zwar nicht an ein strafgerichtliches Urteil gebunden, kann sich jedoch auf die rechtlichen Beurteilungen des Strafgerichts stützen. Die Feststellungslast der AO und nicht die der Strafprozessordnung (StPO) kommt hierbei zur Anwendung.

Ermessensausübung der Finanzbehörde

Die Finanzbehörde verfügt bei der Entscheidung über die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners über ein gewisses Ermessen. Bei vollendeter Steuerhinterziehung ist dieses Ermessen jedoch meist zugunsten einer Inanspruchnahme vorgeprägt, sodass die Entscheidung keiner umfassenden Begründung bedarf. Dies erleichtert die Durchsetzung der Haftung, beschränkt jedoch die Möglichkeiten des Haftungsschuldners, sich gegen den Bescheid zu wehren.

Rechtliche Herausforderungen und Kritiken

Ein wesentlicher Kritikpunkt am Haftungsbescheid nach § 71 AO ist die Frage der Verhältnismäßigkeit und die teilweise fehlende Trennung zwischen steuerrechtlicher und strafrechtlicher Verantwortlichkeit. Obwohl der Haftungsbescheid der Sicherung von Steueransprüchen dient, wird häufig die bereite Anwendung festgestellt, was zu einer harten finanziellen Belastung für die Betroffenen führen kann. Ein weiterer Streitpunkt ist das Verhältnis der Verschuldensanteile zwischen Behörde und Steuerschuldner, wobei ein Mitverschulden der Behörde die Inanspruchnahme beeinflussen könnte.

Ausschluss der Haftung bei Versuch

Eine Haftung nach § 71 AO ist ausgeschlossen, wenn es sich lediglich um eine versuchte Steuerhinterziehung handelt, da die Haftungsnorm den Charakter einer Schadenersatzregelung besitzt. Die Finanzbehörde hat bei der Inanspruchnahme des Haftungsschuldners Ermessensspielraum, muss den relevanten Sachverhalt allerdings gründlich ermitteln.

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