Worum geht es? – Kernaussage des BGH
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (ECLI:DE:BGH:2025:070825B1STR60.25.0) konkretisiert die Darlegungsanforderungen in Urteilen wegen § 266a StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt). Danach müssen Tatgerichte die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge für jeden Fälligkeitszeitpunkt gesondert feststellen – nach Anzahl der Arbeitnehmer, deren Beschäftigungszeiten, Löhnen sowie den Beitragssätzen der zuständigen Krankenkasse. Es genügt nicht, nur einen Gesamtbetrag anzugeben; vielmehr sind Berechnungsgrundlagen und Berechnungsschritte im Urteil im Einzelnen wiederzugeben (§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO). In dem Verfahren hat der BGH Rechtsfolgenaussprüche teilweise aufgehoben und zurückverwiesen; die Schuldsprüche blieben im Übrigen bestehen.
Problemaufriss – Warum die Berechnung im Urteil so wichtig ist
Verurteilungen nach § 266a StGB stehen regelmäßig auf der exakten Ermittlung der fälligen Beiträge. Für die revisionsgerichtliche Kontrolle müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, wie das Gericht von den festgestellten Arbeitsentgelten zu den Beitragssummen gelangt ist. Dazu gehören u. a. die Frage der Hochrechnung vom Netto- zum Bruttolohn, die Einbeziehung beitragspflichtiger Sachbezüge und die konkreten Beitragssätze (Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosenversicherung). Ohne diese Offenlegung kann das Revisionsgericht nicht überprüfen, ob die tatbestandliche Beitragshöhe – und damit Schuldumfang und Strafzumessung – tragfähig ermittelt wurden.
Die Entscheidung im Überblick – Konsequenzen für die Praxis
Der BGH beanstandet, dass im Ausgangsurteil die Spalte „SV-Beiträge“ nicht nachvollziehbar hergeleitet war und teilweise die Summen aus Bar- und Sachlohn sogar überstiegen. Das verletzt die Anforderungen des § 267 Abs. 1 StPO. Zudem weist der BGH darauf hin, dass Tagessatzhöhen bei Einzelgeldstrafen auch dann festzusetzen sind, wenn sie in eine Gesamtstrafe einfließen. Für die Praxis der Arbeitsstrafverteidigung bedeutet das: Ohne sauber dokumentierte Rechengrundlagen drohen Rechtsfolgenaufhebungen in der Revision – mit erneuter Verhandlung vor der Wirtschaftsstrafkammer.
Vorgehen – Was müssen Gerichte (und Verteidigung) darstellen?
Nach der Leitlinie des BGH sind für jeden Beitragsmonat und jeden betroffenen Arbeitnehmer festzuhalten: (1) Anzahl und Identifikation, (2) Beschäftigungszeiten, (3) Löhne (inkl. sachgerechter Hochrechnung), (4) Beitragssätze der Einzugsstelle je Zweig der Sozialversicherung. In Fällen entgeltlicher Mitarbeit ohne A1-Bescheinigung oder mit Scheinselbständigkeit ist die Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit zur Beschäftigung tragfähig zu begründen. Für die Schadensdarstellung kann – mit Vorsicht – auf anerkanntes Abtast- oder Hochrechnungsverfahren abgestellt werden; die Schritte müssen aber im Urteil transparent niedergelegt sein (vgl. auch unseren Überblick zur Berechnung des Sozialversicherungsschadens).
Hinweis – in Verfahren nach § 266a StGB
Wer als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer mit Vorwürfen nach § 266a StGB konfrontiert ist, sollte frühzeitig unsere Strafverteidiger und Fachanwälte für Strafrecht in Frankfurt – mit besonderer Erfahrung im Arbeitsstrafrecht sowie bei Bedarf im Wirtschaftsstrafrecht und Steuerstrafrecht – hinzuziehen.
Wer als mit Vorwürfen nach § 266a StGB konfrontiert ist, sollte frühzeitig unsere Strafverteidiger in Frankfurt einschalten – insbesondere in Verfahren des Arbeitsstrafrechts mit Überschneidungen zum Wirtschaftsstrafrecht und Steuerstrafrecht.
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Verteidigerische Ansatzpunkte – Von der Ermittlungsakte bis zum Urteil
Im Ermittlungsverfahren sichern wir frühzeitig Akteneinsicht, hinterfragen die Beitragsberechnung (Einzugsstelle, Stichtage, Sachbezüge) und die Statusbeurteilung der Beschäftigten. In der Hauptverhandlung geht es um nachvollziehbare Tabellen, Hochrechnungsfaktoren und belastbare Quellen. Fehlt eine tragfähige Darlegung, kann dies – wie der BGH bestätigt – zur Aufhebung von Einzelstrafen und des Gesamtstrafenausspruchs führen. Strategisch ist zu prüfen, ob Alternativen (z. B. Einstellungen nach § 153 StPO oder § 153a StPO) sinnvoll sind.
Vorteile für Mandantinnen und Mandanten – Transparenz und Kontrolle
Die Entscheidung sorgt für Rechtssicherheit: Sie zwingt zur Transparenz bei der Schadensermittlung und schützt vor überhöhten Zuschätzungen. Für Beschuldigte eröffnet sie klare Angriffspunkte – von Rechenfehlern über falsche Beitragssätze bis zu Lücken in der Nettolohn-Hochrechnung. Gerade in Konstellationen mit ausländischen Arbeitskräften ohne A1-Bescheinigung oder bei komplexen Subunternehmerketten gilt: Sorgfältige Prüfung kann entscheidend sein für den Ausgang bis hin zum Urteil.
FAQ – kurz beantwortet
Müssen Urteile nach § 266a StGB die Berechnungen im Detail enthalten?
Ja. Der BGH verlangt die konkrete Wiedergabe der Berechnungsgrundlagen und der Rechenschritte je Fälligkeitszeitpunkt (§ 267 Abs. 1 StPO).
Was passiert, wenn die SV-Beiträge nur als Gesamtbetrag genannt sind?
Fehlen die Details, drohen Aufhebungen von Einzelstrafen und des Gesamtstrafenausspruchs in der Revision; der Schuldspruch kann davon unberührt bleiben.
Welche Verteidigungsschritte sind sinnvoll?
Frühzeitige Akteneinsicht, Prüfung der Beitragssätze, Hochrechnung (Netto → Brutto), Sachbezüge, Beschäftigungszeiten, Statusfragen (Scheinselbständigkeit), Beweisanträge zur Darstellungspflicht.
Gibt es Besonderheiten bei Tagessatzhöhen?
Ja. Die Tagessatzhöhe ist auch festzusetzen, wenn Einzelgeldstrafen in eine Gesamtstrafe einfließen.
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