Bruttoprinzip nach § 73c StGB – Einziehung von Taterträgen
Das sogenannte Bruttoprinzip gehört zu den zentralen Grundsätzen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. Nach §§ 73 ff. StGB wird nicht nur der Gewinn abgeschöpft, sondern alles, was durch die Tat erlangt wurde – unmittelbar oder mittelbar. Eine Aufspaltung in „rechtmäßige“ und „unrechtmäßige“ Teile ist ausgeschlossen. Dies wurde durch das OLG Braunschweig (Urt. v. 21.03.2024 – 1 ORs 45/23) erneut deutlich hervorgehoben.
Was bedeutet das Bruttoprinzip?
Das Bruttoprinzip besagt, dass bei der Einziehung von Taterträgen (§ 73 StGB) oder beim Wertersatz (§ 73c StGB) stets der gesamte Vermögenswert erfasst wird, den der Täter durch die Tat erlangt hat.
- Dazu zählen nicht nur unmittelbare Einnahmen, sondern auch ersparte Aufwendungen.
- Maßgeblich ist der wirtschaftliche Vorteil, der ohne die Tat nicht zugeflossen wäre.
- Der Gesetzgeber wollte ausdrücklich sicherstellen, dass sich Straftaten finanziell niemals lohnen.
Das OLG Braunschweig zur Corona-Soforthilfe
Im entschiedenen Fall erhielt der Angeklagte Corona-Soforthilfen in Höhe von 7.800 EUR auf Grundlage falscher Angaben.
- Das Landgericht Göttingen hatte zunächst nur 5.400 EUR eingezogen und 2.400 EUR als vermeintlich rechtmäßig zustehenden Anteil abgezogen.
- Das OLG Braunschweig korrigierte dies: Eine solche Aufspaltung sei rechtswidrig.
- Der vollständige Betrag von 7.800 EUR unterliegt der Einziehung, da die Auszahlung ausschließlich auf der Tat beruht.
Das Gericht stellte klar:
Eine hypothetische Alternative („der Täter hätte auch bei wahrheitsgemäßen Angaben etwas erhalten“) ist unbeachtlich. Entscheidend ist allein, was durch die Straftat erlangt wurde.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil verdeutlicht, dass Gerichte bei Subventions- und Wirtschaftsstraftaten konsequent den gesamten Vorteil einziehen. Verteidigungsstrategien können sich daher nicht auf rechnerische „Aufteilungen“ stützen.
Praktische Folgen für Betroffene:
- Bereits erhaltene Leistungen wie Corona-Hilfen, Fördermittel oder Subventionen werden in voller Höhe eingezogen.
- Auch bei Steuerdelikten (§ 370 AO) oder anderen Vermögensdelikten gilt: Die Einziehung orientiert sich am vollen Zufluss, nicht am Gewinn.
- Für Unternehmen bedeutet das erhebliche finanzielle Risiken, da selbst „eigentlich zustehende Anteile“ nicht berücksichtigt werden.
Verteidigungsmöglichkeiten im Einziehungsverfahren
Auch wenn das Bruttoprinzip streng ist, bestehen Verteidigungsansätze:
- Ausschlussgründe nach § 73e StGB (z. B. Rechte Dritter).
- Verhältnismäßigkeit im Ausnahmefall.
- Fehlende Kausalität zwischen Tat und Vorteil – allerdings nur, wenn sich eindeutig trennen lässt, dass bestimmte Vermögenswerte nicht durch die Tat beeinflusst wurden.
Für die Strafverteidigung ist es entscheidend, die rechtlichen Grenzen der Einziehung genau zu prüfen und auf formelle Fehler oder unzureichende Begründungen der Gerichte hinzuweisen.
Einordnung durch den Gesetzgeber
Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (BT-Drs. 18/9525) zielte ausdrücklich auf eine Stärkung des Bruttoprinzips. Damit sollte verhindert werden, dass Täter von Wertungsunterschieden in der Rechtsprechung profitieren. Der Grundsatz „Straftaten dürfen sich nicht lohnen“ wurde als Leitlinie verankert.
Interne Links zum Weiterlesen
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FAQ zum Bruttoprinzip
Was bedeutet das Bruttoprinzip in der Praxis?
Alles, was der Täter durch die Tat erlangt hat, wird eingezogen – unabhängig davon, ob ihm bei legalem Verhalten ein Teil zugestanden hätte.
Gilt das Bruttoprinzip auch bei Subventionsbetrug?
Ja. Gerade bei Fördermitteln (z. B. Corona-Soforthilfe) wird der gesamte Betrag eingezogen.
Kann ein Gericht einen „rechtmäßigen Anteil“ berücksichtigen?
Nein. Eine Aufspaltung ist mit dem Wortlaut der §§ 73 ff. StGB unvereinbar.
Welche Rolle spielt § 73e StGB?
§ 73e StGB enthält Ausschlussgründe (z. B. Rechte Dritter). Nur in diesen Fällen entfällt die Einziehung.
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