Einleitung
Die A1-Bescheinigung dient dazu, bei echten Entsendungen die Zuständigkeit des Sozialversicherungsträgers zu klären. Der Bundesgerichtshof hat am 11.09.2024 entschieden: Wird die A1-Bescheinigung mit falschen Personalien erwirkt, entfaltet sie gegenüber deutschen Behörden keine Bindungswirkung. Die Tatbestandswirkung bleibt auf die konkret benannte Person beschränkt — existiert diese Person so nicht, „geht die Wirkung ins Leere“.
Kernaussagen der Entscheidung in Kürze
- A1-Bescheinigungen schützen nur echte, personenbezogene Entsendungen.
- Bei Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen EU-Aufenthalt greift das EU-Koordinierungsrecht regelmäßig nicht.
- Wird mit gefälschten Identitäten gearbeitet, fehlt es an der Personengleichheit — keine Bindungswirkung.
- In solchen Konstellationen bleibt deutsches Sozialversicherungsrecht anwendbar; es drohen u. a. Verfahren nach § 266a StGB sowie Prüfungen durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS).
Rechtlicher Rahmen – Was ist die A1-Bescheinigung?
Die A1-Bescheinigung weist nach, welchem Sozialversicherungsrecht Beschäftigte bei vorübergehender Entsendung unterliegen. Sie kann eine Bindungswirkung gegenüber anderen Mitgliedstaaten entfalten. Diese Bindung setzt jedoch Personenidentität und eine rechtmäßige Entsendung voraus.
Warum fehlte hier die Bindungswirkung?
Falsche Identität
Die Bescheinigungen wurden unter maßgeblich abweichenden Personalien beantragt. Die A1-Tatbestandswirkung ist personengebunden — sie deckt nicht „irgendeinen“ Beschäftigten, sondern genau die genannte Person ab.
Fehlende Anwendbarkeit des EU-Koordinierungsrechts
Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt oder Arbeit in einem EU-Mitgliedstaat fallen nicht in den persönlichen Anwendungsbereich der Koordinierungsverordnungen. Damit gibt es keine unionsrechtliche Grundlage für eine Bindungswirkung.
Straf- und sozialversicherungsrechtliche Folgen
- Beitragsvorenthaltung: Bei Einsatz im Bundesgebiet besteht Sozialversicherungspflicht. Eine A1-Bescheinigung hilft nicht, wenn Identität oder Entsendung nicht stimmt. Siehe § 266a StGB sowie die Berechnung des Sozialversicherungsschadens.
- Urkundenfälschung: Gefälschte ID-Karten und erschlichene Nachweise erfüllen regelmäßig den Tatbestand.
- FKS/Zoll: Kontrollen betreffen illegale Beschäftigung, Scheinentsendungen und fehlende Meldungen.
- Folgen einer Verurteilung nach § 266a StGB: Überblick über die berufs- und vergaberechtlichen Konsequenzen.
Praxischeck – typische Risikoszenarien
- Verdeckte Leiharbeit über Briefkastenfirmen.
- Scheinselbständigkeit statt echter Entsendung.
- Nutzung gefälschter Identitäten für Meldungen/Anträge (Urkundenfälschung).
- Abdeckrechnungen und Schwarzlohn als Begleitdelikte.
To-do-Liste für Unternehmen
- Identitäts- und Dokumentenprüfung vor Einsätzen.
- Exakte Abgrenzung: Wer ist Arbeitgeber? Wo wird tatsächlich gearbeitet?
- Payroll-Compliance in Deutschland sicherstellen; ggf. Korrektur- oder Selbstanzeigestrategien.
- Subunternehmer-Screening (rote Flaggen: Strohmänner, auffällige Lohnquoten).
- Incident-Response: sofortige Aufklärung und Datensicherung bei Verdacht.
- Frühe Beratung durch unsere Strafverteidigung und Leistungen.
FAQ zur A1-Bescheinigung & Bindungswirkung
Gilt die A1-Bescheinigung auch, wenn sie erschlichen wurde?
Nein. Sie wirkt nur bei echter Entsendung und korrekter Identität. Vgl. A1-Bescheinigung.
Schützt eine A1-Bescheinigung vor § 266a StGB?
Nicht automatisch. Bei Tätigkeit in Deutschland bleibt die Sozialversicherungspflicht bestehen. Siehe § 266a StGB und Sozialversicherungsschaden.
Was prüft die FKS/Zoll?
Vor allem Identitäten, Beschäftigungsort, Lohnabrechnung und Scheinstrukturen. Siehe FKS/Zoll.
Gibt es aktuelle Fälle?
Ja, z. B. in unserem Beitrag: Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen trotz A1-Bescheinigungen.
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