Bindungswirkung von A1-Bescheinigungen – keine Wirkung bei falscher Identität (BGH, Beschl. v. 11.09.2024 – 5 StR 325/24)

Einleitung
Die A1-Bescheinigung dient dazu, bei echten Entsendungen die Zuständigkeit des Sozialversicherungsträgers zu klären. Der Bundesgerichtshof hat am 11.09.2024 entschieden: Wird die A1-Bescheinigung mit falschen Personalien erwirkt, entfaltet sie gegenüber deutschen Behörden keine Bindungswirkung. Die Tatbestandswirkung bleibt auf die konkret benannte Person beschränkt — existiert diese Person so nicht, „geht die Wirkung ins Leere“.

Kernaussagen der Entscheidung in Kürze

  • A1-Bescheinigungen schützen nur echte, personenbezogene Entsendungen.
  • Bei Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen EU-Aufenthalt greift das EU-Koordinierungsrecht regelmäßig nicht.
  • Wird mit gefälschten Identitäten gearbeitet, fehlt es an der Personengleichheit — keine Bindungswirkung.
  • In solchen Konstellationen bleibt deutsches Sozialversicherungsrecht anwendbar; es drohen u. a. Verfahren nach § 266a StGB sowie Prüfungen durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS).

Rechtlicher Rahmen – Was ist die A1-Bescheinigung?

Die A1-Bescheinigung weist nach, welchem Sozialversicherungsrecht Beschäftigte bei vorübergehender Entsendung unterliegen. Sie kann eine Bindungswirkung gegenüber anderen Mitgliedstaaten entfalten. Diese Bindung setzt jedoch Personenidentität und eine rechtmäßige Entsendung voraus.

Warum fehlte hier die Bindungswirkung?

Falsche Identität

Die Bescheinigungen wurden unter maßgeblich abweichenden Personalien beantragt. Die A1-Tatbestandswirkung ist personengebunden — sie deckt nicht „irgendeinen“ Beschäftigten, sondern genau die genannte Person ab.

Fehlende Anwendbarkeit des EU-Koordinierungsrechts

Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt oder Arbeit in einem EU-Mitgliedstaat fallen nicht in den persönlichen Anwendungsbereich der Koordinierungsverordnungen. Damit gibt es keine unionsrechtliche Grundlage für eine Bindungswirkung.

Straf- und sozialversicherungsrechtliche Folgen

Praxischeck – typische Risikoszenarien

To-do-Liste für Unternehmen

  1. Identitäts- und Dokumentenprüfung vor Einsätzen.
  2. Exakte Abgrenzung: Wer ist Arbeitgeber? Wo wird tatsächlich gearbeitet?
  3. Payroll-Compliance in Deutschland sicherstellen; ggf. Korrektur- oder Selbstanzeigestrategien.
  4. Subunternehmer-Screening (rote Flaggen: Strohmänner, auffällige Lohnquoten).
  5. Incident-Response: sofortige Aufklärung und Datensicherung bei Verdacht.
  6. Frühe Beratung durch unsere Strafverteidigung und Leistungen.

FAQ zur A1-Bescheinigung & Bindungswirkung

Gilt die A1-Bescheinigung auch, wenn sie erschlichen wurde?
Nein. Sie wirkt nur bei echter Entsendung und korrekter Identität. Vgl. A1-Bescheinigung.

Schützt eine A1-Bescheinigung vor § 266a StGB?
Nicht automatisch. Bei Tätigkeit in Deutschland bleibt die Sozialversicherungspflicht bestehen. Siehe § 266a StGB und Sozialversicherungsschaden.

Was prüft die FKS/Zoll?
Vor allem Identitäten, Beschäftigungsort, Lohnabrechnung und Scheinstrukturen. Siehe FKS/Zoll.

Gibt es aktuelle Fälle?
Ja, z. B. in unserem Beitrag: Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen trotz A1-Bescheinigungen.


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