Unterschlagung (§ 246 StGB) – Tatbestand, Abgrenzung, Verteidigung
Kerngedanke: Wer sich oder einem Dritten eine fremde bewegliche Sache rechtswidrig zueignet, macht sich wegen Unterschlagung strafbar (§ 246 Abs. 1 StGB). Der Strafrahmen beträgt bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe – sofern nicht eine andere Vorschrift eine schwerere Strafe vorsieht (Subsidiaritätsklausel). Bei anvertrauten Sachen drohen bis zu fünf Jahre (§ 246 Abs. 2 StGB). Die Unterschlagung ist ein Vermögensdelikt und schützt in erster Linie das Eigentum (nicht den Gewahrsam).
Gesetzliche Definition (§ 246 StGB)
- Abs. 1 (Grundtatbestand): Zueignung einer fremden beweglichen Sache – bis 3 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe; subsidiär gegenüber strengeren Vorschriften (z. B. Diebstahl, Raub, Untreue).
- Abs. 2 (Qualifikation – Veruntreuung): Zueignung einer anvertrauten Sache – bis 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.
- Abs. 3: Der Versuch ist strafbar.
Die zentralen Tatbestandsmerkmale – praxisnah erklärt
- Fremdheit: Fremd ist jede Sache, die nicht im Alleineigentum des Täters steht (einschließlich Mit-/Gesamthandseigentum).
- Zueignung: Erfordert eine nach außen erkennbare Manifestation des Zueignungswillens: den Eigentümer dauerhaft aus der Position zu drängen (Enteignungselement) und die Sache oder ihren Sachwert dem eigenen bzw. einem dritten Vermögen einzuverleiben (Aneignungselement). Bloßer innerer Wille genügt nicht – erforderlich ist ein objektiv fassbarer Zueignungsakt (z. B. Verbrauch/Verkauf/Verschenken/Weiterverarbeitung).
- Drittzueignung: Auch die (bedingte) Zueignung zugunsten eines Dritten reicht aus (z. B. gezieltes Überlassen, damit der Dritte die Sache „einverleibt“).
- Anvertrautsein (§ 246 Abs. 2): Eine Sache ist anvertraut, wenn sie dem Täter im Vertrauen überlassen wurde, nur im Interesse bzw. nach Weisung des Eigentümers zu handeln (klassisch: Miet-/Leih-/Treuhandkonstellationen, Eigentumsvorbehalt).
Abgrenzungen & typische Fallgruppen
- Unterschlagung vs. Diebstahl: Diebstahl erfordert Wegnahme (Gewahrsamsbruch). Unterschlagung kommt ohne Wegnahme aus – entscheidend ist die Zueignung. Fällt beides zusammen, tritt § 246 wegen Subsidiarität zurück.
- Untreue (§ 266 StGB): Bei treupflichtwidriger Vermögensbetreuung ist die Untreue (bis 5 Jahre) regelmäßig vorrangig.
- Fundunterschlagung: Wer eine gefundene Sache behält und zueignet (statt Anzeigepflichten zu beachten), erfüllt typischerweise § 246 – abhängig vom Manifestationsakt.
- „Selbstbedienungstanken“ & Kasse: Je nach Eigentumsübergang und Zeitpunkt des Zueignungswillens kommen (nur) § 246, (nur) § 242 oder – bei von vornherein bestehendem Zahlungsunwillen – auch Betrug/Diebstahl in Betracht.
- Nichtrückgabe gemieteter Sachen: Reine Verzögerung ist zivilrechtlich; strafrechtlich erst bei klarer Manifestation des Zueignungswillens.
Strafrahmen, Strafantrag & Verfahrensbesonderheiten
- Strafrahmen: § 246 Abs. 1: bis 3 Jahre oder Geldstrafe; § 246 Abs. 2: bis 5 Jahre oder Geldstrafe.
- Antragsdelikte: In Haus- und Familiensachen (§ 247 StGB) sowie bei geringwertigen Sachen (§ 248a StGB) ist regelmäßig Strafantrag erforderlich – auch bei Unterschlagung.
- Konkurrenzen: § 246 ist Auffangtatbestand. Existiert ein Delikt mit schwererem Strafrahmen (z. B. Raub/Untreue), tritt § 246 zurück. Spätere Herrschaftsbetätigungen sind oft mitbestrafte Nachtaten.
Verteidigungsansätze & typische Fehlerquellen
- Keine klare Manifestation: Wenn objektiv nur mehrdeutige Handlungen vorliegen (z. B. bloßes Verwahren, irrtümliche Nutzung), fehlt der Zueignungsakt.
- Drittzueignung zu weit verstanden: Nicht jede „Weitergabe“ ist Zueignung; maßgeblich ist der Einverleibungseffekt beim Dritten.
- Vorrang strengerer Delikte übersehen: Präzise Konkurrenzprüfung (Diebstahl/Untreue/Betrug) ist entscheidend für Strafrahmen & Taktik.
- Anvertrautsein: Sorgfältige Prüfung des Rechtsgrunds der Überlassung (Treue-/Weisungsbindung, Eigentumsvorbehalt, Miet-/Leihverhältnis).
FAQ – Häufige Fragen zur Unterschlagung
Reicht eine bloße Weigerung, etwas zurückzugeben?
Nicht automatisch. Es kommt auf einen objektiv erkennbaren Zueignungsakt an (z. B. Verkauf, Verbrauch). Reine Verzögerung ist regelmäßig zivilrechtlich.
Ich habe die Sache „nur für jemanden aufgehoben“ – ist das Unterschlagung?
Nur wenn Sie damit (erkennbar) Zueignungswillen manifestieren. Reines Verwahren ohne Einverleibung genügt nicht.
Was bedeutet „anvertraut“ genau?
Die Sache wurde Ihnen im Vertrauen überlassen, nur im Interesse des Eigentümers zu handeln (z. B. Miete, Leihe, Kommission). Dann gilt die Qualifikation des § 246 Abs. 2.
Gilt § 246 auch bei sehr geringen Werten?
Ja – aber in Fällen geringwertiger Sachen (§ 248a StGB) braucht es meist einen Strafantrag.
Wann ist § 246 ausgeschlossen?
Wenn ein strengeres Delikt greift (z. B. Diebstahl mit Wegnahme, Untreue bei Vermögensbetreuungspflicht). Dann ist § 246 subsidiär.
Strategie & Unterstützung
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