Strafen und Strafmaß – Steuerhinterziehung und Schwarzlohnsachverhalte

Steuerhinterziehung 370 AO

Das Gesetz sieht für Steuerhinterziehung Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren vor, die in besonders schweren Fällen auf bis zu 10 Jahre erhöht werden können. Bei der Festlegung des konkreten Strafmaßes spielt insbesondere die Höhe der hinterzogenen Steuern eine entscheidende Rolle.

Leitlinien des Bundesgerichtshofs zur Strafbemessung

In der Rechtsprechung und Praxis haben sich grobe Richtlinien etabliert. Es gilt zu beachten, dass es sich dabei um absolut grobe Eckdaten handelt, welche je nach Einzelfall und auch Staatsanwaltschaft/Gericht extrem variieren können:

  • Hinterzogene Steuer bis 15.000 Euro: Einstellung gegen Auflage möglich.
  • Hinterzogene Steuer bis 50.000 Euro: Geldstrafe per Strafbefehl möglich.
  • Hinterzogene Steuer von mehr als 50.000 Euro: Haftstrafe (mit Bewährung möglich) – Strafbefehlsverfahren möglich.
  • Hinterzogene Steuer von mehr als 1 Million Euro: Freiheitsstrafe (ohne Bewährung) – Anklage und Hauptverhandlung (meistens vor dem Landgericht – Wirtschaftsstrafkammer) zwingend.

Strafmaßtabelle der Steuerfahndung

Es existieren sogenannte Strafmaßtabellen, welche von der Bußgeld- und Strafsachenstelle sowie von den Steuerfahndern genutzt werden. Dort steht zum Beispiel, dass es bei einer hinterzogenen Summe von bis zu 15.000 Euro eine Geldstrafe in Höhe von 60-100 Tagessätze vorgesehen ist.

Die Bestimmung der Strafhöhe verbietet strengstens kategorisierte Standardwerte aus Tabellen. Es kommt jedoch zum Teil vor, dass die Strafe mathematisch von der Behörde berechnet wird.

Ein spezialisierter Verteidiger sollte in einem solchen Fall zunächst einschätzen, ob die Strafe, trotz der Berechnung, zum Vorteil für den Mandanten ist, da die Staatsanwaltschaft oder das Gericht vor Ort ggfs. mehr veranschlagen würde.

Sollte dem nicht so ein, müsste man das Gericht bzw. die Staatsanwaltschaft mit guten Argumenten zu einem besseren Ergebnis per Strafbefehl bewegen.

Die Grenze von 1.000.000 Euro

In seinem Grundsatzurteil vom 2. Dezember 2008 (NJW 2009, Seite 528) hat der 1. Strafsenat entschieden, dass das für die Strafzumessung relevante Kriterium „großes Ausmaß“ gemäß § 370 Absatz 3 Nummer 1 AO ab einem Betrag von 50.000 Euro beziehungsweise bei einer Gefährdung des Steueranspruchs ab 100.000 Euro gegeben ist.

Bei hinterzogenen Beträgen im fünfstelligen Bereich ist die Verhängung einer Geldstrafe nur dann angemessen, wenn gewichtige Milderungsgründe vorliegen.

Beträgt die hinterzogene Summe bis zu 1 Million Euro, kann eine Freiheitsstrafe verhängt werden, deren Vollstreckung jedoch zur Bewährung ausgesetzt werden kann.

Übersteigt der Hinterziehungsbetrag 1 Million Euro, ist in der Regel eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren zu erwarten, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Bei Millionenbeträgen kommt eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur in besonderen Ausnahmefällen und bei sehr gewichtigen Milderungsgründen in Betracht.

Dies bedeutet, dass es dann nur in absoluten Ausnahmefällen zu einer Bewährungsstrafe kommen kann.

Spezifische Milderungsgründe sind nicht festgeschrieben. Es wird unter anderem strafmildernd gewertet, dass der Angeklagte keine Vorstrafen hat, geständig war und sich entschuldigt. Darüber hinaus wird auch die lange Verfahrensdauer von x Jahren, verbunden mit den psychischen Belastungen für den Angeklagten, in die Strafzumessung einbezogen. Der Bundesgerichtshof erkennt zwar auch in diesen Aspekten Milderungsgründe, stuft sie jedoch nicht als „besonders gewichtige“ ein, die eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung rechtfertigen würden. Gleiches gilt laut BGH für die vollständige Nachzahlung der hinterzogenen Steuern durch den Angeklagten. Diese Nachzahlung war ohnehin Pflicht des Angeklagten.

Anhand dieser Beispiele kann man gut erkennen, dass wirklich etwas Außergewöhnliches in jedem Einzelfall vorliegen muss.

 

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (266a StGB)

Strafrahmen und relevante Faktoren

In den Fällen der Absätze 1 bis 3 sind Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen vorgesehen. Bei der Strafzumessung spielt insbesondere die Höhe der vorenthaltenen Beiträge und sonstigen Lohnbestandteile eine entscheidende Rolle. Dabei sind Aspekte wie die Verrechnung von Teilzahlungen und die Schadenshöhe bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen zu berücksichtigen. Geringfügige Fristüberschreitungen können strafmildernd wirken, ebenso wie teilweise Erfüllungen der Voraussetzungen aus Absatz 6.

Besondere schwere Fälle

Für besonders schwere Fälle in den Absätzen 1 und 2 sieht der Gesetzgeber, angelehnt an § 370 III AO, einen erhöhten Strafrahmen vor. Mit dem Gesetz vom 17. August 2017 wurde dieser Katalog um zwei Regelbeispiele erweitert, um professionelle Beiträgevorenthaltungen besser zu erfassen. Die praktische Relevanz dieser neuen Regelbeispiele ist jedoch fraglich, da die meisten betroffenen Fälle wahrscheinlich unter das bereits bestehende Beispiel Nr. 2 fallen.

Kriterien für besonders schwere Fälle:

  1. Grober Eigennutz des Täters
  2. Fortgesetzte Verwendung gefälschter oder nachgemachter Belege
  3. Fortgesetztes Handeln
  4. Beteiligung an einer Bande
  5. Ausnutzung der Unterstützung eines Amtsträgers

Zusätzlich müssen gleichzeitig vorenthaltene Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge gegenüber derselben Einzugsstelle addiert werden, da sie als eine Tat betrachtet werden. In Fällen mit geringfügiger Vorenthaltung könnte – sofern nicht bereits der Vorsatz in Frage steht – eine Verfahrenseinstellung gemäß §§ 153 ff. StPO oder ein Absehen von Strafe gemäß § 59 in Erwägung gezogen werden.

Die Grenze von 1.000.000 Euro

Die oben genannte Grundsatzentscheidung kann nicht auf Fälle von Untreuetatbeständen angewendet werden, da wesentliche Unterschiede zwischen den verschiedenen strafbaren Sachverhalten bestehen. Steuerhinterziehung ist in der Regel von einem einheitlichen Tatbild und eigennützigen Gewinnstreben geprägt, wobei der Hinterziehungsbetrag oft im Voraus absehbar ist. Im Gegensatz dazu weist der Untreuetatbestand (§ 266 StGB aber auch 266a StGB) abstrakt-generelle Merkmale auf und kann auf unterschiedlichste Lebenssachverhalte angewendet werden, was eine generalisierende Betrachtung erschwert.

So lohnt es sich auch in diesen Fällen genau an der Strafzumessung zu arbeiten, sollte der Schaden in die Millionen gehen.

Weitere Folgen

Im Fall einer Verurteilung sind nicht nur die potenziellen zivilrechtlichen Folgen eines persönlichen Schadenersatzanspruchs gemäß den §§ 823 Absatz 2 BGB und 266a zu berücksichtigen. Auch die Auswirkungen auf die sozialrechtlichen Beitragsforderungen müssen in Betracht gezogen werden. Hierzu zählt beispielsweise die Berechnung des Arbeitsentgelts mit Sanktionscharakter, die nur bei Vorsatz gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 SGB IV möglich ist. Weiterhin sind auch mögliche Säumniszuschläge zu beachten (vgl. § 24 Absatz 2 SGB IV).

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