Kriminelle Vereinigung – Personenmehrheiten und strafrechtliche Verantwortlichkeit
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§ 129 StGB – Kriminelle Vereinigung. Seit dem 54. StrÄndG (2017) enthält § 129 Abs. 2 StGB eine Legaldefinition: Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses. Eine Vereinigung wird „kriminell“, wenn Zweck oder Tätigkeit auf Straftaten (mit Strafrahmen ≥ 2 Jahre) gerichtet ist. Der BGH (3. Strafsenat) betont, dass das übergeordnete gemeinsame Interesse über bloße Einzelnutzen (Gewinnerzielung) hinausreichen muss; es genügt eine Gesamtwürdigung (Strukturen, Regeln, interne Sanktionen, ggf. Gemeinschaftskasse etc.). Das kann – je nach Fall – auch quasi‑unternehmerische Konstellationen betreffen (z. B. „Bulletproof‑Hosting“‑Modelle oder Hawala‑Strukturen).
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Internationaler Bezug / § 129b StGB. Bei Auslandssachverhalten ist eine BMJ‑Ermächtigung erforderlich; maßgeblich ist, wo die Vereinigung in Bestand, Struktur und Zielsetzung geprägt wird.
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Konkurrenzen (BGH 14.11.2024). Die mitgliedschaftliche Beteiligung (§ 129 Abs. 1 S. 1 Var. 2) verklammert regelmäßig die im Interesse der Vereinigung begangenen Taten zu Tateinheit; es wird eine Strafe verhängt (ohne Aussage zur Höhe).
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Abgrenzungen.
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Bande: Mindestens drei Personen, die künftig mehrfach Delikte eines bestimmten Typs begehen wollen – ohne Organisationsstruktur und ohne übergeordnetes Gruppeninteresse.
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§ 128 StGB (bewaffnete Gruppe): Ebenfalls keine strukturellen/voluntativen Mehranforderungen; auch Spontangruppen erfasst.
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Mittäterschaft/Beihilfe: Erfordert keine Dauer oder Organisation; schon zwei Personen genügen.
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Unterstützen (§ 129 Abs. 1 S. 2). Erfasst jedes Tätigwerden, das Organisation/Zwecke konkret fördert; Unterstützung ist eine verselbstständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft.
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Familienunterhalt & IS‑Kontext (BGH 31.10.2024). Eng begrenzte Ausnahme: grundbedarfsorientierte Zuwendungen aus persönlichen Motiven (Familie), ohne spezifischen Organisationsbezug, bei nachvollziehbarer Zweckverwendung und ohne psychische Bestärkung – keine Unterstützung i. S. v. § 129.
Konsequenz für die Verteidigung: In § 129‑Verfahren sind Struktur‑ und Interessensanalyse, Konkurrenzprüfung, Abgrenzungen (Bande/Gruppe/Mittäterschaft) und die Würdigung humanitärer Motive zentral.
Strafverteidiger in Frankfurt für Verfahren nach § 129 StGB (kriminelle Vereinigung)
Ermittlungen wegen krimineller Vereinigung (§ 129 StGB) sind komplex und betreffen häufig das
Wirtschaftsstrafrecht, das Unternehmensstrafrecht, das Steuerstrafrecht und das Arbeitsstrafrecht.
Wir prüfen, ob wirklich ein dauerhafter Zusammenschluss mit übergeordnetem gemeinsamen Interesse vorliegt
und wie die behaupteten Einzeldelikte konkurrenzrechtlich zu bewerten sind.
Unsere Schwerpunkte
- § 129/§ 129b‑Verteidigung: Analyse von Struktur, Dauer, Organisation und „übergeordnetem Interesse“;
Abgrenzung zu Bande, bewaffneter Gruppe, Mittäterschaft/Beihilfe; Verteidigung gegen die Verklammerung zu nur einer Tat. - Wirtschafts- & Unternehmensstrafrecht: Belastbare Kriterien statt pauschaler Gruppenannahmen –
fundierte Verteidigung in komplexen Unternehmenskonstellationen. - Steuer- & Arbeitsstrafrecht: Verzahnung mit typischen Themen wie
Schätzungen im Steuerstrafverfahren
oder Beitragsvorenthaltung; wir vermeiden künstliche „Vereinigungs“-Zuschreibungen. - International & Compliance: Erfahrung mit grenzüberschreitenden Ermittlungen, Internal Investigations
und prozessökonomischer Kooperation.
Warum Buchert Jacob Peter?
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FAQ
1) Was ist eine „kriminelle Vereinigung“ nach § 129 StGB?
Ein auf Dauer angelegter, organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses; „kriminell“, wenn Zweck/Tätigkeit auf bestimmte Straftaten gerichtet ist.
2) Worin liegt der Unterschied zwischen „Bande“ und „krimineller Vereinigung“?
Die Bande braucht keine Organisationsstruktur und kein übergeordnetes Interesse; sie ist eine (mindestens) dreiköpfige Absprache zu mehrfachen Taten. Die Vereinigung verlangt Struktur/Dauer und ein gemeinsames übergeordnetes Ziel.
3) Was bedeutet die neuere BGH‑Rechtsprechung zu Konkurrenzen (2024)?
Die mitgliedschaftliche Beteiligung kann als „Klammer“ die im Interesse der Vereinigung begangenen Taten zu Tateinheit verbinden – es wird dann eine Strafe verhängt (die Höhe bleibt Einzelfallfrage).
4) Können Unternehmensstrukturen als „Vereinigung“ gelten?
Ja – je nach Gesamtbild (Organisation, Regeln, Dauer, gemeinsames Interesse). Gerade im Wirtschaftsstrafrecht prüfen wir die Abgrenzung sorgfältig und wehren pauschale Gruppenannahmen ab.
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