Insiderhandel
Der Insiderhandel als abstraktes Gefährdungsdelikt
Insiderhandel ist nach Art. 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Die Regelung soll sicherstellen, dass der Finanzmarkt fair und transparent bleibt. Es ist nicht notwendig, dass es tatsächlich zu Kursbewegungen kommt oder der Kapitalmarkt konkret gefährdet wird – bereits das bloße Handeln mit Insiderinformationen reicht für einen Verstoß aus. Die Vorschrift hat somit eine vorbeugende Funktion.
Art. 14 MAR – Verbot mit Blankettcharakter
Die Vorschrift des Art. 14 MAR enthält ein generelles Verbot von Insidergeschäften und ist zugleich als Blankett ausgestaltet. Die Strafandrohungen selbst ergeben sich aus den §§ 119 und 120 WpHG. Inhaltlich wird die Norm durch weitere Bestimmungen der MAR konkretisiert, wodurch sie sowohl als echtes Sanktionsblankett als auch als unechtes inhaltliches Blankett fungiert.
Zielrichtung und Struktur der Norm
Der Hauptzweck von Art. 14 MAR liegt in der Sicherung fairer Wettbewerbsbedingungen am Kapitalmarkt. Die Vorschrift soll verhindern, dass einzelne Marktteilnehmer durch exklusive Informationen einen Vorteil erhalten. Sie enthält drei zentrale Verbote: das Nutzen von Insiderinformationen beim Handel, das Weitergeben von Informationen sowie das Aussprechen oder Umsetzen von Empfehlungen, die auf solchen Informationen beruhen. Zusammen mit Art. 15 MAR über Marktmanipulation bildet die Norm die Grundlage des EU-Marktmissbrauchsrechts, das in Deutschland von der BaFin durchgesetzt wird (§ 6 Abs. 5 WpHG).
Aufsichtsrechtliche Sanktionen durch die BaFin
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat bei Verstößen gegen Art. 14 MAR weitreichende Befugnisse. Dazu zählen unter anderem Durchsuchungen, Sicherstellungen, Verbote beruflicher Tätigkeiten sowie der Entzug von Lizenzen. Zusätzlich kann sie Sanktionen öffentlich machen („Naming and Shaming“, § 125 WpHG), um generalpräventive Wirkungen zu erzielen.
Art. 14 MAR – Marktdelikt ohne Individualschutz
Der Regelungszweck von Art. 14 MAR liegt im Schutz der Marktstruktur und nicht im Schutz einzelner Anleger. Daher scheidet ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB in der Regel aus. Lediglich unter besonderen Voraussetzungen – etwa bei sittenwidrigem Verhalten (§ 826 BGB) oder bei aktienrechtlichen Pflichtverletzungen – kann ein Anspruch gegeben sein.
Tatbestandsvarianten: Handeln und Unterlassen
Grundsätzlich setzt Insiderhandel ein aktives Handeln voraus. Ausnahmsweise kann auch ein pflichtwidriges Unterlassen strafbar sein – etwa wenn ein Compliance-Verantwortlicher Insiderinformationen nicht angemessen abschirmt. Voraussetzung ist jedoch eine sogenannte Garantenstellung, etwa als Vorstand oder Organ einer Gesellschaft.
Subjektive Anforderungen: Vorsatz, Irrtum und Leichtfertigkeit
Für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit ist Vorsatz erforderlich (§ 119 Abs. 3 WpHG). Dieser muss sich auf die entscheidenden rechtlichen Merkmale beziehen – etwa die Relevanz und Präzision der Information. Für eine Ordnungswidrigkeit reicht hingegen leichtfertiges Verhalten (§ 120 Abs. 14 WpHG). Irrtümer über die Rechtslage oder den Tatbestand sind nur dann entschuldbar, wenn sie unvermeidbar waren, zum Beispiel nach falscher Auskunft durch Behörden oder Rechtsberater.
Versuch, Rücktritt und Unternehmensverantwortung
Auch der Versuch eines Insiderdelikts ist strafbar (§ 119 Abs. 4 WpHG), etwa wenn eine Order auf Basis von Insiderwissen platziert wird. Ein Rücktritt ist nur unter engen Voraussetzungen möglich. Zudem können juristische Personen belangt werden, wenn sie durch mangelhafte Organisation die Tat ermöglicht oder begünstigt haben (§§ 30, 130 OWiG).
Konkretisierte Verbote des Insiderhandels
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Insidergeschäfte (Art. 14 lit. a MAR): Der Erwerb oder Verkauf von Wertpapieren unter Ausnutzung vertraulicher Informationen ist verboten.
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Empfehlungen/Verleitungen (Art. 14 lit. a i.V.m. Art. 8 Abs. 3 MAR): Auch das Folgen einer Empfehlung kann strafbar sein, wenn deren Grundlage Insiderwissen ist.
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Aussprechen von Empfehlungen (Art. 14 lit. b MAR): Es ist untersagt, andere zu einem Verhalten zu bewegen, das auf Insiderinformationen basiert.
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Unzulässige Offenlegung (Art. 14 lit. c MAR): Die Weitergabe vertraulicher Informationen – auch indirekt über Empfehlungen – ist verboten.
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FAQ zum Insiderhandel
Was versteht man unter Insiderhandel?
Insiderhandel bezeichnet das Handeln mit Finanzinstrumenten auf Grundlage nicht-öffentlicher, kursrelevanter Informationen. Nach Art. 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) ist bereits die Nutzung solcher Informationen strafbar, auch wenn es nicht tatsächlich zu Kursbewegungen kommt.
Warum gilt Insiderhandel als abstraktes Gefährdungsdelikt?
Es reicht schon das bloße Handeln mit Insiderinformationen aus, um den Tatbestand zu erfüllen. Ein konkreter Schaden oder eine Marktstörung muss nicht nachgewiesen werden. Ziel ist es, den Finanzmarkt präventiv zu schützen.
Welche Vorschriften regeln den Insiderhandel?
Die zentrale Vorschrift ist Art. 14 MAR. Ergänzt wird diese durch weitere Regelungen der MAR sowie die §§ 119 und 120 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), die die straf- und ordnungswidrigkeitsrechtlichen Konsequenzen festlegen.
Welche Handlungen sind konkret verboten?
- Handeln mit Insiderinformationen (Erwerb/Verkauf von Wertpapieren)
- Weitergabe vertraulicher Informationen
- Empfehlungen oder Verleitungen, die auf Insiderwissen beruhen
Welche Sanktionen drohen bei Verstößen?
Die BaFin kann Durchsuchungen, Sicherstellungen, Berufsverbote und Lizenzentzüge anordnen. Zudem kann sie Sanktionen veröffentlichen („Naming and Shaming“). Strafrechtlich drohen Freiheitsstrafen und hohe Geldstrafen.
Schützt Art. 14 MAR auch einzelne Anleger?
Nein. Die Vorschrift dient dem Schutz der Marktintegrität, nicht dem Individualschutz. Schadensersatzansprüche sind daher regelmäßig ausgeschlossen. Nur in Ausnahmefällen – z. B. bei sittenwidrigem Verhalten (§ 826 BGB) – können Ansprüche bestehen.
Kann auch Unterlassen strafbar sein?
Ja, wenn eine sogenannte Garantenstellung vorliegt – etwa bei Compliance-Verantwortlichen oder Vorständen, die Insiderinformationen nicht ausreichend absichern.
Welche subjektiven Voraussetzungen bestehen?
- Vorsatz ist für eine Strafbarkeit erforderlich
- Leichtfertigkeit reicht für eine Ordnungswidrigkeit
- Irrtümer sind nur dann entschuldbar, wenn sie unvermeidbar waren
Ist auch der Versuch strafbar?
Ja. Schon der Versuch, ein Insidergeschäft durchzuführen, kann strafrechtlich verfolgt werden. Auch Unternehmen können nach §§ 30, 130 OWiG belangt werden, wenn organisatorische Mängel die Tat begünstigt haben.
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