Hinweisgeberschutzgesetz

Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)

Kurzüberblick: Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) setzt die EU-Whistleblowing-Richtlinie in Deutschland um. Es kombiniert Vertraulichkeit, ein strenges Repressalienverbot und eine Beweislastumkehr zu Gunsten der Hinweisgebenden. Teilweise geht der deutsche Gesetzgeber über die EU-Vorgaben hinaus („Goldplating“), an anderen Stellen bleiben Anreize für interne Meldungen schwach.

Wer ist geschützt? (Persönlicher Anwendungsbereich)

Geschützt sind natürliche Personen, die im beruflichen Kontext (auch schon vor Begründung eines Arbeitsverhältnisses) Informationen über Verstöße erlangen und melden. Dazu zählen u. a. Arbeitnehmer, Leiharbeitnehmer, Organmitglieder (GF/Vorstand/Aufsicht), Ehemalige sowie Zuliefer-Beschäftigte. Reine Privatkenntnisse fallen nicht darunter. Schutz greift nur bei Meldung an eine interne oder externe Meldestelle oder bei gerechtfertigter Offenlegung nach dem Gesetz.

Intern, extern oder offenlegen?

Hinweisgebende Personen dürfen wahlweise intern oder extern melden; nur in eng umrissenen Sondersituationen ist auch eine Veröffentlichung (z. B. gegenüber Medien) vom Schutz umfasst. Arbeitgeber können (und sollten) Anreize für interne Kanäle setzen. Sobald intern wirksam Abhilfe geschaffen wurde, besteht für denselben Vorgang regelmäßig kein Anlass mehr, zusätzlich den externen Kanal zu nutzen.

Praxislink: Unterstützung bei der Gestaltung interner Prozesse, für die externe, unabhängige Beratung und Umsetzung kontaktiere: Ombudsperson Frankfurt.

Was ist meldefähig? (Sachlicher Anwendungsbereich)

Erfasst sind Straftaten, ausgewählte Ordnungswidrigkeiten (wenn sie Leben, Gesundheit oder Beschäftigtenrechte schützen, z. B. Mindestlohn, AÜG) sowie zahlreiche EU-Rechtsbereiche (u. a. Geldwäsche, Produktsicherheit, Umwelt, Verbraucherschutz, Datenschutz). Interne Richtlinien sind nur dann geschützt, wenn zugleich ein Verstoß aus § 2 HinSchG betroffen ist.

Interne Meldestellen: Pflicht & Organisation

Unternehmen mit ≥ 50 Beschäftigten müssen eine interne Meldestelle betreiben (KMU bis 249 MA hatten Übergangsfristen). Möglich sind eigene Einheiten, Konzernlösungen oder Drittbeauftragte. Anonyme Meldungen: Die Meldestelle sollte anonyme Hinweise bearbeiten; die Pflicht, Kanäle speziell für Anonymität einzurichten, besteht nicht. Wichtig sind konfliktfreie Zuständigkeiten, Schulung und DSGVO-Konformität.

Verfahren & Vertraulichkeit

  • Eingangsbestätigung binnen 7 Tagen
  • Follow-up / Rückmeldung innerhalb von 3 Monaten
  • Vertraulichkeit der Identitäten von Hinweisgebern und betroffenen Personen; Ausnahmen nur in engen, gesetzlich definierten Fällen (z. B. behördliche Anordnung, Strafverfahren)
  • Folgemaßnahmen: interne Untersuchung, Abgabe an zuständige Stellen, Verfahrensabschluss bei Unbegründetheit

Dokumentation & Löschung

Meldungen sind grundsätzlich nach drei Jahren zu löschen; eine längere Speicherung kommt nur in Betracht, wenn sie rechtlich erforderlich und verhältnismäßig ist. Damit kollidiert in der Praxis teils die Notwendigkeit, Schutzmaßnahmen nachzuweisen – hier braucht es klare Lösch-/Aufbewahrungskonzepte.

Repressalienverbot & Beweislastumkehr (Kernrisiko im Arbeitsrecht)

Repressalien (z. B. Kündigung, Degradierung, Versagung von Weiterbildung, Mobbing) sind verboten. Bei Benachteiligungen nach einer Meldung greift eine Vermutung zugunsten der hinweisgebenden Person; der Arbeitgeber muss beweisen, dass neutrale Gründe vorlagen oder keine Kausalität besteht. Für Unternehmen sind saubere Dokumentation, transparente Auswahlprozesse (Beförderung/Weiterbildung) und Struktur für Entscheidungen entscheidend.

Datenschutz-Reibung: Art. 15 DSGVO vs. Vertraulichkeit

Der Auskunftsanspruch Betroffener kann die Anonymität der Hinweisgeber indirekt gefährden. Unternehmen benötigen abwägende Verfahren, standardisierte Textbausteine und eine enge Zusammenarbeit zwischen Meldestelle, HR, Datenschutz und Rechtsabteilung.

Praxis-Checkliste (kurz & wirksam)

  • Richtlinie/Policy mit Scope, Kanälen, Fristen, Vertraulichkeit, DSGVO
  • Rollen & Eskalation: klare Zuständigkeiten, Vertretungen, Interessenkonflikte ausschließen
  • Kommunikation & Training: Vertrauen schaffen, Niedrigschwelligkeit betonen
  • Schnittstellen: LkSG-Beschwerdeverfahren sinnvoll integrieren
  • Reporting: KPI-basiert (Eingänge, Durchlaufzeiten, Maßnahmen)

FAQ zum Hinweisgeberschutzgesetz

1) Was regelt das HinSchG konkret?

Es verpflichtet Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden zu internen Meldestellen, vertraulichen Meldekanälen, Fristen und Schutz vor Repressalien.

2) Müssen anonyme Meldungen möglich sein?

Meldestellen sollen anonyme Hinweise bearbeiten; Kanäle müssen aber nicht anonym ausgestaltet sein. Praxis-Tipp: trotzdem anonymen Dialog ermöglichen (z. B. externes Portal, Ombudsstelle).

3) Interne oder externe Meldung – was ist besser?

Rechtlich besteht Wahlfreiheit. Unternehmen profitieren, wenn intern gemeldet wird (schnellere Abhilfe, weniger Reputationsrisiko). Akzeptanz steigt mit Ombudspersonen und klaren Prozessen.

4) Welche Fristen gelten?

Eingangsbestätigung innerhalb von 7 Tagen, Rückmeldung i. d. R. innerhalb von 3 Monaten (z. B. Maßnahmenstatus). Implementierung & Fristenmanagement.

5) Wie wird Vertraulichkeit umgesetzt?

Identität der Hinweisgeber und genannter Personen ist vertraulich zu behandeln; gesetzliche Ausnahmen gelten v. a. bei behördlichen/gerichtlichen Verfahren. Externe Ombudspersonen erhöhen den Schutz praktisch spürbar.

6) Was droht bei Repressalien?

Repressalien sind verboten; Arbeitgeber riskieren Bußgelder und Schadensersatz. Die Beweislast zu neutralen Gründen liegt regelmäßig beim Arbeitgeber. Aufbau rechtssicherer Prozesse.

7) Können Konzerne zentrale Meldestellen nutzen?

Ja, konzernweite Lösungen sind möglich; Abhilfe muss jeweils die betroffene Einheit leisten. Externe Ombudspersonen eignen sich für zentrale, mehrsprachige Meldestrecken. (Praxis & Literatur bestätigen dies.)

8) Welche Rolle spielt die BaFin/Behörden?

Neben der internen Meldestelle existieren externe Meldestellen (z. B. Bundesamt für Justiz; in beaufsichtigten Sektoren Behörden wie die BaFin). Hinweisgeber behalten Wahlfreiheit.

9) Wie lange werden Hinweise gespeichert?

Die Dokumentation erfolgt in abrufbarer Form; Löschfristen richten sich nach Gesetz/Verhältnismäßigkeit. Wir konfigurieren passende Datenhaltung in Ihrem Hinweisgebersystem.

10) Warum eine anwaltliche Ombudsstelle?

Anwaltliche Ombudspersonen bieten Verschwiegenheit, Zeugnisverweigerungsrecht, Akzeptanz und neutrale Aufklärung – ideal als interne Meldestelle nach HinSchG.

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Telefon: 069 710 33 330
E-Mail: kanzlei@dr-buchert.de

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