Zum Übermaßverbot bei (zu) lange andauerndem Vermögensarrest

LG Mannheim, Beschl. v. 14.10.2024 – 25 KLs 635 Js 13071/18

Am 27. Dezember 2019 ordnete das Amtsgericht (AG) einen Arrest in Höhe von 518.000 EUR im Vermögen der A an. Die darauffolgende Beschwerde der A wurde vom Landgericht (LG) am 23. April 2021 als unbegründet zurückgewiesen. Am 18. Januar 2022 erhob die Staatsanwaltschaft (StA) Anklage vor dem LG, welches daraufhin das Verfahren eröffnete und die A als Einziehungsbeteiligte einbezog. Am 12. August 2024 legte A eine „weitere Beschwerde“ gegen den Beschluss des LG ein, weil sie den Arrest aufgrund der langen Dauer als unverhältnismäßig ansah. Die A argumentierte, dass die lange Arrestdauer insbesondere durch rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerungen bedingt sei. Zudem wurden Patente gepfändet, die für das Unternehmen von essenzieller Bedeutung waren, was die Finanzierung erheblich einschränkte.

In einem Schreiben vom 29. August 2024 wies die StA die Argumentation der A zurück und betonte, dass eine Unverhältnismäßigkeit durch die Arrestdauer nicht gegeben sei. Die Kammer wertete die „weitere Beschwerde“ als Antrag auf Entscheidung zur Aufhebung des Arrestes, da mit der Anklageerhebung die Zuständigkeit für den Vermögensarrest auf das erkennende Gericht übergegangen war.

Das Gericht stellte fest, dass die Fortdauer des Arrestes unverhältnismäßig ist und das Übermaßverbot verletzt. Es wurde argumentiert, dass der Vermögensarrest in zeitlicher Hinsicht an das allgemeine Übermaßverbot gebunden sei und die erheblichen Eingriffe in das Eigentum der A über die Dauer des Arrestes hinaus zunehmend problematisch werden. Auch wenn es keine gesetzlichen zeitlichen Grenzen für den Vollzug eines Arrestes gibt, muss die Verhältnismäßigkeit anhand einer Gesamtbewertung der Umstände beurteilt werden.

Im konkreten Fall gab es signifikante Verfahrensverzögerungen seit der Anklageerhebung. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass eine angemessene Bearbeitungszeit bis zur Eröffnungsentscheidung etwa sechs Monate betragen sollte und ein Hauptverhandlungstermin innerhalb weiterer sechs Monate hätte angesetzt werden müssen. Die tatsächliche Verzögerung von einem Jahr und zehn Monaten lasse sich allein der Justiz zuschreiben. Bei dem aktuellen Stand erscheine eine Hauptverhandlung nicht vor Frühjahr/Sommer 2025 realistisch, was die gesamte Verfahrensdauer auf über zwei Jahre und den Gesamtzeitraum seit dem Vollzug des Arrestes auf über fünf Jahre verlängern würde.

Das Gericht verwies zudem auf obergerichtliche Rechtsprechung, nach der eine Dauer des Vermögensarrestes von mehr als drei Jahren in Verbindung mit langanhaltenden Verfahrensstillständen als unverhältnismäßig eingestuft wurde.

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