BGH, Urt. v. 3.7.2024 − 2 StR 453/23 (LG Bonn)
Der Angeklagte war seit 2002 Leiter der Abteilung Technik der G. eG, die Mietwohnungen in Bonn verwaltet. In dieser Funktion war er für die Instandhaltung und Modernisierung der Wohnungen sowie die Auswahl externer Handwerksbetriebe verantwortlich. Ab etwa 2009/2010 beauftragte er zunehmend die R-GmbH, deren Geschäftsführer Rö war, mit Renovierungsarbeiten und vereinbarte, die Aufträge gegen Zahlung von Bargeld zu vergeben.
Ab 2011 etablierte sich ein System, in dem der Angeklagte zunächst Rechnungen von R an die G stellte, die dann überprüft und zur Zahlung freigegeben wurden. Nach der Freigabe informierte der Angeklagte Rö über die Beträge, die als Schmiergeld an ihn zurückfließen sollten, abhängig von den Aufträgen und deren Umfang. Insgesamt erhielt der Angeklagte zwischen 2011 und 2014 mindestens 143.298 Euro an Schmiergeldern von Rö, die er dem Finanzamt verschweigt.
Das Landgericht nahm die Vorwürfe der Bestechlichkeit aufgrund der Schmiergeldzahlungen an, aber wies eine tateinheitliche Verurteilung wegen Untreue ab, weil keine ausreichenden Hinweise auf einen Nachteil für die G nachgewiesen werden konnten. Es wurde nicht festgestellt, dass Rö der G überhöhte Rechnungen stellte oder minderwertige Leistungen ablieferte.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte fest, dass das Landgericht bei der Verneinung der Untreue einen Rechtsfehler beging. Nach der Rechtsprechung liegt ein Nachteil vor, wenn Schmiergeldzahlungen in die Preisgestaltung eingehen und das Geschäft für den Auftraggeber teurer wird, entweder durch erhöhte Rechnungsbeträge oder durch verpasste Gelegenheiten, günstigere Konditionen zu realisieren. Das Landgericht hatte festgestellt, dass zwischen dem Angeklagten und Rö keine überhöhten Preise vereinbart worden seien, versäumte jedoch, zu klären, ob die Aufträge an R zu einem überhöhten Preis vergeben wurden, obgleich es rechtlich möglich gewesen wäre, zu einem niedrigeren Preis zu verhandeln.
Die Entscheidung des BGH stellt in Frage, ob tatsächlich immer ein Nachteil vorliegt, und sieht die Notwendigkeit, zu überprüfen, ob die Möglichkeit eines günstigeren Vertragsabschlusses gesichert war. Diese Feststellung kann von den Motiven des Bestechenden und den Umständen der Zahlung abhängen. Der BGH hat den Fall an das Landgericht Aachen zurückverwiesen, das diesen Aspekt nicht ausreichend gewürdigt hat. Das Gericht muss daher konkrete Feststellungen treffen, ob ein Angebot ohne die Bestechungszahlung günstiger gewesen wäre, wobei auch unternehmerische Ziele und die Zahlungsumstände berücksichtigt werden müssen.
Insgesamt zeigt die Entscheidung, dass die Annahme eines Vermögensnachteils durch Bestechungsgelder nicht immer automatisch gegeben ist und klare Nachweise erforderlich sind, um eine Untreue zu belegen.
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