Verbrauchsteuer bei Durchleitung von Tabakwaren – EuGH-Beschluss vom 4.10.2024
Einleitung
Der EuGH (Beschl. v. 4.10.2024 – C-214/24) hatte über die Frage zu entscheiden, ob bei der Durchleitung von Tabakwaren durch mehrere EU-Mitgliedstaaten mehrfach Verbrauchsteuer entstehen kann. Streitpunkt: Entsteht nach Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr im Eingangsstaat ein weiterer Steueranspruch in den Durchfuhrstaaten? Der EuGH entschied nur teilweise – viele Rechtsfragen bleiben offen.
Die Vorgeschichte
Ausgangspunkt war das Verfahren eines Lkw-Fahrers, der in 2013 Zigaretten von Litauen über Polen und Deutschland nach Großbritannien brachte. Während eine Lieferung entdeckt wurde, blieben zwei unentdeckt. Der BFH legte dem EuGH zwei Fragen vor:
- Kann nach der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr im Eingangsstaat in weiteren Staaten erneut Verbrauchsteuer entstehen?
- Falls ja: Ist die Steuer ausschließlich im Bestimmungsland zu erheben?
Der Beschluss des EuGH
Der EuGH nutzte Art. 99 VerfO und entschied per Beschluss, dass Durchfuhrstaaten keine Erhebungsbefugnis haben – unabhängig davon, ob die Tabakwaren im Bestimmungsland entdeckt werden.
👉 Damit wiederholte er seine frühere „Prankl-Entscheidung“, beantwortete aber nicht die Kernfrage, ob überhaupt ein neuer Steueranspruch in den Durchfuhrstaaten entsteht.
Folgen für das Abgabenrecht
- Für den konkreten Fall bedeutet dies: Deutschland durfte keine Verbrauchsteuer erheben – der Bescheid ist aufzuheben.
- Offen bleibt: Entsteht überhaupt ein neuer Steueranspruch in den Durchfuhrstaaten? Wenn nicht, können auch Bestimmungsstaaten nicht erheben.
Folgen für das Strafrecht
Bisherige BGH-Rechtsprechung
Nach der bisherigen Linie des BGH verkürzt ein Verbringer Verbrauchsteuer, wenn er sie bei Durchfuhr durch Deutschland nicht unverzüglich anmeldet (§ 370 AO). Das gilt auch dann, wenn die Steuererhebungskompetenz später auf den Bestimmungsstaat übergeht.
Kritik
- Strafrechtlich wird so bestraft, obwohl abgabenrechtlich gerade Mehrfachbesteuerung verhindert werden soll.
- Es entsteht ein Widerspruch: Während der EuGH Mehrfachbesteuerung ausschließen will, hält die deutsche Strafrechtsprechung am Vorwurf der Steuerhinterziehung fest.
Ergebnis
Die strafrechtliche Behandlung bleibt unklar. Entsteht in den Durchfuhrstaaten kein neuer Steueranspruch, fehlt die Grundlage für eine Verurteilung. Betroffene könnten unter Umständen einen Anspruch auf Wiederaufnahme geltend machen.
Fazit
Der EuGH-Beschluss klärt nur teilweise die Rechtslage. Für die Praxis gilt:
- Abgabenrechtlich sind Mehrfacherhebungen ausgeschlossen.
- Strafrechtlich bleibt es bei Unsicherheiten und Widersprüchen.
- Für Beschuldigte in Verbrauchsteuer– und Steuerhinterziehungsverfahren ist spezialisierte Verteidigung unerlässlich.
FAQ zur Verbrauchsteuer bei Durchleitung
Entsteht bei Durchleitung automatisch mehrfach Verbrauchsteuer?
Nein, nach EuGH sind Durchfuhrstaaten nicht zur Erhebung befugt.
Spielt es eine Rolle, ob Tabakwaren entdeckt werden?
Nein. Auch ohne Entdeckung fehlt den Durchfuhrstaaten die Erhebungsbefugnis.
Warum bleibt das Strafrecht problematisch?
Weil nach deutscher Rechtsprechung ein Verbringer sich strafbar machen kann, obwohl abgabenrechtlich keine Steuer mehr anfällt.
Welche Folgen hat das für Betroffene?
Es kann zu Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung kommen – eine spezialisierte Verteidigung ist entscheidend.
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