Begründungstiefe von Durchsuchungsbeschlüssen bei Umsatzsteuerkarussellen – BVerfG, Beschluss vom 11. November 2024 – 1 BvR 1085/24 –

1. Anforderungen an die Begründung von Durchsuchungsbeschlüssen

Durchsuchungsbeschlüsse müssen so formuliert werden, dass der Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen messbar und kontrollierbar bleibt. Das Gericht muss den Tatvorwurf so genau wie möglich umschreiben, sodass der äußere Rahmen für die Zwangsmaßnahme klar abgesteckt ist. Es reicht eine kurze, jedoch präzise Darstellung des Tatvorwurfs aus, um die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sicherzustellen.

2. Strengere Anforderungen bei Umsatzsteuerkarussellen?

Im frühen Ermittlungsstadium eines Steuerverfahrens wegen „Umsatzsteuerkarussellen“ gelten keine strengeren Anforderungen an die Begründungstiefe des Durchsuchungsbeschlusses. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) legt fest, dass auch in komplexen Steuerverfahren, wie etwa im Fall von Umsatzsteuerkarussellen, der Durchsuchungsbeschluss nicht zu jeder Einzelheit des Tatverdachts detailliert Stellung nehmen muss. Es genügt, dass der Fokus auf den wesentlichen Aspekten des Verdachts liegt.

3. Sachverhalt und Verfassungsbeschwerde

Im vorliegenden Fall wurde gegen mehrere Beschwerdeführende ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in Zusammenhang mit einem Umsatzsteuerkarussell eingeleitet. Die Beschwerdeführenden rügten, dass die Durchsuchungsbeschlüsse nicht ausreichend umgrenzt und zu allgemein formuliert seien. Sie beklagten insbesondere, dass die Tatvorwürfe nicht in einer für sie nachvollziehbaren Weise dargestellt wurden, und sahen ihre Rechte aus Art. 13 Abs. 2 GG (Schutz der Wohnung) verletzt.

4. Verfassungsgerichtliche Entscheidung

Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, da der Antrag teilweise unzulässig und unbegründet war. Insbesondere wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführenden nicht substantiiert aufzeigten, dass eine Verletzung ihrer Rechte durch die Durchsuchungsbeschlüsse vorlag.

5. Kriterien für die Angemessenheit der Durchsuchungsbeschlüsse

In Bezug auf die Formulierung der Durchsuchungsbeschlüsse hielt das Gericht die Anforderungen für erfüllt. Die Tatvorwürfe wurden hinreichend umschrieben, und es wurde genau angegeben, welche Beweismittel gesucht werden sollten. Die Beschlüsse enthielten spezifische Indizien, wie etwa Lieferbeziehungen zu „Briefkastenfirmen“ und unwirtschaftlichen Geschäftsmodellen, die als Teil des Tatverdachts dienten.

6. Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsmaßnahmen

Das Gericht betonte, dass die Durchsuchungsbeschlüsse in einer Gesamtschau rechtmäßig waren. Die angegebenen Lieferbeziehungen und die genauen Angaben zu den Verdachtsmomenten ermöglichten es sowohl den Ermittlungsbehörden als auch den Beschwerdeführenden, die Maßnahme auf ihre Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit zu überprüfen. Die Tatsache, dass die Durchsuchung nahezu alle Lieferunterlagen betraf, wurde als gerechtfertigt angesehen, da diese Lieferungen einen Großteil des Jahresumsatzes des Unternehmens ausmachten.

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