Insolvenzverschleppung – § 15a InsO

§ 15a InsO – Antragspflicht für Organmitglieder ( Insolvenzverschleppung )

§ 15a InsO verpflichtet Geschäftsleiter, Vorstände und Liquidatoren, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ohne schuldhaftes Zögern einen Insolvenzantrag zu stellen – spätestens binnen 3 Wochen ab Zahlungsunfähigkeit bzw. 6 Wochen ab Überschuldung. Verstöße sind strafbar. Die Strafverteidiger von Buchert Jacob Peter beraten und verteidigen bundesweit – diskret und mit wirtschaftsrechtlichem Fokus.

Kurzüberblick – die 5 Kernpunkte

  • Antragspflicht: Organmitglieder/Abwickler juristischer Personen; auch mehrstufige Holding-Strukturen erfasst.
  • Fristen: unverzüglich; äußerste Fristen 3 Wochen (Zahlungsunfähigkeit) / 6 Wochen (Überschuldung).
  • Führungslosigkeit: dann trifft die Pflicht auch Gesellschafter (GmbH) bzw. Aufsichtsräte (AG/Genossenschaft).
  • Strafe: bis 3 Jahre oder Geldstrafe; bei Fahrlässigkeit bis 1 Jahr oder Geldstrafe.
  • „Richtiger“ Antrag: form- und inhaltsrichtig nach § 13 InsO; unzulässiger Antrag ist nur strafbar, wenn rechtskräftig zurückgewiesen.

Wann besteht Antragspflicht?

Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)

  • Definition: Unfähigkeit, fällige Geldschulden zu begleichen. Sach- oder Dienstleistungspflichten zählen nicht.
  • Indizien: Zahlungseinstellung, Vollstreckungsfrust, ausstehende Löhne/Abgaben, Mahnungen.
  • Liquiditätslücke: Geringfügige Lücken genügen nicht; ab ca. zweistelliger Unterdeckung typischerweise kritisch (Einzelfallprüfung).
  • Prognose: Nur eine kurzfristige Zahlungsstockung (i. d. R. ≤ 2–3 Wochen) steht der Zahlungsunfähigkeit entgegen.

Überschuldung (§ 19 InsO)

  • Modifizierter Zweistufen-Test: (1) Fortführungsprognose (überwiegend wahrscheinlich?); (2) Überschuldungsstatus (Aktiva vs. Passiva).
  • Rechtsfolge: Ist die Fortführung überwiegend wahrscheinlich, liegt keine Überschuldung vor, selbst bei rechnerischer Unterdeckung.
  • Bewertung: Status nach Fortführungs- oder Liquidationswerten; Rangrücktritt kann Passivierung entfallen lassen.

Wer muss handeln?

  • Juristische Personen: Geschäftsführer (GmbH), Vorstände (AG/Genossenschaft), Liquidatoren – jeweils einzeln verantwortlich.
  • Rechtsfähige Personengesellschaften ohne natürliche PersG-Gesellschafter: Organe der vertretungsberechtigten Gesellschafter (Kaskade bei mehrstufigen Strukturen).
  • Führungslosigkeit: Auch Gesellschafter (GmbH) bzw. Aufsichtsratsmitglieder (AG/Genossenschaft) sind verpflichtet – bei positiver Kenntnis.
  • Mehrstufig/ausländisch: Antragspflicht setzt sich gesellschaftsrechtlich fort; auch ausländische Rechtsformen können erfasst sein.
  • Faktische Leitung: Die Rspr. nimmt teils Verantwortlichkeit „faktischer Geschäftsführer“ an; entscheidend sind die konkreten Machtverhältnisse.

Wie muss der Antrag gestellt werden? – rechtzeitig & richtig

Rechtzeitig

Die Höchstfrist läuft ab objektivem Eintritt von Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung. Innerhalb der Frist ist unverzüglich zu handeln; die Fristausschöpfung ist nur ausnahmsweise (z. B. eng befristete, realistische Sanierungsschritte) zulässig. Sanierungshoffnungen verlängern die Frist nicht.

Richtig

  • Form/Inhalt nach § 13 InsO (Schriftform, Verzeichnisse, Unterlagen, Gläubigerliste etc.).
  • Unrichtig ist ein Antrag bei unzutreffenden/unvollständigen Angaben oder fehlenden Pflichtangaben.
  • Objektive Strafbarkeitsbedingung (§ 15a Abs. 6 InsO): Strafbar ist die Unrichtigkeit nur, wenn der Antrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde. Fristgerecht ergänzte Mängel können die Strafbarkeit entfallen lassen.

Strafbarkeit: Vorsatz & Fahrlässigkeit

  • Vorsatz: Ausreichend ist i. d. R. bedingter Vorsatz (Kenntnis von Krisenindikatoren + Inkaufnahme des Unterlassens). Bei subsidiär Pflichtigen (Führungslosigkeit) ist positive Kenntnis erforderlich.
  • Fahrlässigkeit: Strafbar, wenn z. B. Anzeichen ignoriert, Statusrechnungen nicht (prüfbar) erstellt oder Fristen sorgfaltswidrig versäumt werden.
  • Strafdrohung: Vorsatz bis 3 Jahre, Fahrlässigkeit bis 1 Jahr oder Geldstrafe.

Verjährung, Verfahren, Besonderheiten

  • Verjährung: 5 Jahre (Vorsatz), 3 Jahre (Fahrlässigkeit) – Fristbeginn mit Entfallen der Antragspflicht.
  • Offizialdelikt: Ermittlungen oft nach Mitteilungen der Insolvenzgerichte.
  • Ausnahmen: Vereine/Stiftungen mit § 42 Abs. 2 BGB sind ausgenommen.

Praxis-Checkliste für Geschäftsleiter

  • Sofort: Liquiditätsstatus (Stichtag), 3-Wochen-Prognose, Überschuldungsstatus & Fortführungsprognose dokumentieren.
  • Belege: Offene Posten, Fälligkeiten, Stundungen, Rangrücktritte, Kreditlinien, kurzfristig mobilisierbare Mittel.
  • Governance: Beschlusslage des Organs, Zuständigkeiten, Informationsfluss, ggf. Notgeschäftsführer.
  • Sanierung: Nur realistische, kurzfristige Maßnahmen rechtfertigen Fristausschöpfung (z. B. gesicherte Finanzierung).
  • Antrag: § 13-Unterlagen vollständig; bei Nachforderung fristgerecht ergänzen.

FAQ zu § 15a InsO

Ab wann laufen die 3/6-Wochen-Fristen?

Ab dem objektiven Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung – unabhängig von subjektiver Kenntnis. Unkenntnis wird erst im Verschulden (Vorsatz/Fahrlässigkeit) relevant.

Was bedeutet „unverzüglich“?

Ohne schuldhaftes Zögern. Die Höchstfrist darf nur ausnahmsweise ausgeschöpft werden, wenn unmittelbar ein belastbarer Sanierungsschritt bevorsteht.

Welche Mittel zählen für die Zahlungsfähigkeit?

Barmittel, verfügbare Bankguthaben, kurzfristig abrufbare Kredite, Schecks/Wechsel – realistisch und zeitnah mobilisierbar.

Ist ein unvollständiger Antrag automatisch strafbar?

Nein. Unrichtigkeit ist nur strafbar, wenn der Antrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wird. Ergänzungen binnen Gerichtsfrist können genügen.

Ich habe die Frist verpasst – was tun?

Sofortige anwaltliche Prüfung, Antragstellung und strafrechtliche Verteidigungsstrategie (Dokumentation, Gutachten, Entlastungstatsachen) sind entscheidend.

Kontakt & Soforthilfe

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