BGH-Beschluss zur Einziehung bei Mischfinanzierung: Teilkontamination von Vermögenswerten


BGH, Beschl. v. 13.02.2025 – 2 StR 419/23 (LG Aachen)

Hintergrund des Verfahrens

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob Immobilien eingezogen werden können, wenn deren Finanzierung sowohl aus legalen Bankdarlehen als auch aus illegal erwirtschafteten Geldern erfolgte. Im zugrunde liegenden Fall hatte der Ehemann der Einziehungsbeteiligten über Jahre hinweg bandenmäßig mit Kokain gehandelt und die Erlöse teilweise in den Erwerb mehrerer Grundstücke investiert.

Die Immobilien wurden überwiegend kreditfinanziert. Gleichwohl stammten wesentliche Anteile der Kaufnebenkosten, Rückzahlungen und Unterhaltungskosten aus den Drogengeschäften. Die Vorinstanz (LG Aachen) ordnete daher die Einziehung der Grundstücke an.

Entscheidung des BGH

Der BGH hob die Entscheidung teilweise auf. Maßgeblich sei, ob bei der Mischfinanzierung von Vermögenswerten ein nicht unerheblicher Anteil illegaler Gelder verwendet wurde. Hierfür griff der BGH auf die Grundsätze zur sogenannten Teilkontamination zurück, die ursprünglich für den Geldwäschetatbestand entwickelt wurden.

Demnach reicht es aus, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung ein wesentlicher Anteil der eingesetzten Mittel aus kriminellen Handlungen stammt. Entscheidend ist die Bemakelungsquote – also der Anteil inkriminierter Gelder an den Gesamtaufwendungen für Erwerb, Nebenkosten und Unterhaltung der Immobilie.

Fehlen konkrete Feststellungen zu dieser Quote, hält die Einziehungsentscheidung einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Bedeutung für die Praxis

Der Beschluss verdeutlicht:

  • Auch bei kreditfinanzierten Immobilien ist eine Einziehung möglich, wenn ein erheblicher Teil der Finanzierung aus illegalen Mitteln stammt.
  • Gerichte müssen die Bemakelungsquote für jedes Objekt gesondert bestimmen.
  • Die Entscheidung stärkt die Anforderungen an eine präzise Feststellung, um unverhältnismäßige Eingriffe in die Eigentumsgarantie zu vermeiden.

Einordnung im Wirtschaftsstrafrecht und Steuerstrafrecht

Die Entscheidung hat große Relevanz für Verfahren im Bereich der Vermögensabschöpfung sowie für Konstellationen, in denen illegale Gelder in den legalen Wirtschaftskreislauf eingeschleust werden. Besonders bei Verfahren im Steuerstrafrecht und im Wirtschaftsstrafrecht spielt die genaue Abgrenzung zwischen legalen und illegalen Finanzströmen eine zentrale Rolle.

Für Betroffene und Dritte, etwa Ehepartner, gilt: Wer Kenntnis von der kriminellen Herkunft der eingesetzten Mittel hat oder hätte haben müssen, ist weniger schutzwürdig und kann Einziehungsmaßnahmen nur eingeschränkt entgegentreten.

Fazit

Der BGH stellt klar, dass die Einziehung auch bei Mischfinanzierungen zulässig bleibt – entscheidend ist die Höhe des illegalen Finanzierungsanteils. Damit wird die Rechtsprechung zur Geldwäsche konsequent auf die Vermögensabschöpfung übertragen.


FAQ zum BGH-Beschluss 2 StR 419/23

Was bedeutet „Teilkontamination“ in der Vermögensabschöpfung?
Darunter versteht man die Vermischung legaler und illegaler Geldmittel, bei der auch der legale Anteil durch die Kontamination mit illegalen Geldern einziehungsrelevant werden kann.

Kann eine Immobilie trotz Bankfinanzierung eingezogen werden?
Ja. Wenn ein erheblicher Anteil der Finanzierung oder der Unterhaltungskosten aus kriminellen Mitteln stammt, ist eine Einziehung nach § 76a StGB möglich.

Welche Rolle spielt die sogenannte Bemakelungsquote?
Die Bemakelungsquote beschreibt den Anteil illegaler Gelder an den Gesamtaufwendungen. Sie ist entscheidend, um die Zulässigkeit der Einziehung zu prüfen.

Welche Schutzrechte haben unbeteiligte Dritte, z. B. Ehepartner?
Sind Dritte gutgläubig und ohne Kenntnis von der illegalen Herkunft der Mittel, können sie teilweise geschützt sein. Liegt Kenntnis oder zumindest grobe Fahrlässigkeit vor, entfällt dieser Schutz.

Welche praktische Bedeutung hat der Beschluss für das Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht?
Er unterstreicht die Notwendigkeit, Finanzströme genau zu dokumentieren und zu prüfen, da Vermögensabschöpfung ein scharfes Instrument der Strafjustiz bleibt.

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