Schuldnerbegünstigung – § 283d StGB

§ 283d StGB: Schuldnerbegünstigung – Tatbestand, Praxis, Verteidigungsansätze

Kurz gesagt: Wer in Kenntnis der einem anderen drohenden Zahlungsunfähigkeit oder nach Zahlungseinstellung / im (Eröffnungs-)Insolvenzverfahren Vermögensbestandteile des anderen, die zur Insolvenzmasse gehören würden, beiseiteschafft, verheimlicht, zerstört, beschädigt oder unbrauchbar machtmit dessen Einwilligung oder zu dessen Gunsten –, macht sich wegen Schuldnerbegünstigung strafbar. Versuch ist erfasst. In besonders schweren Fällen drohen 6 Monate bis 10 Jahre Freiheitsstrafe.

Schnellüberblick

  • Schutzrichtung: Gleichmäßige Gläubigerbefriedigung – Schutz der Aktivmasse vor „Wegschaffen“.
  • Täterkreis: Dritte (z. B. Geschäftspartner, Angehörige, Mitarbeiter, teilweise auch Gläubiger); nicht der Schuldner als solcher.
  • Tathandlungen: Beiseiteschaffen, Verheimlichen, Zerstören, Beschädigen, Unbrauchbarmachen von massezugehörigen Vermögensgegenständen.
  • Zeitliche Anknüpfung:
    • Nr. 1: Täter weiß sicher von drohender Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (Kenntnis muss feststehen).
    • Nr. 2: Handlung nach Zahlungseinstellung bzw. während Insolvenz-/Eröffnungsverfahren.
  • Subjektive Seite: Vorsatz; bei Nr. 1 zur Kenntnis drohender Zahlungsunfähigkeit genügt dolus eventualis nicht.
  • Besonders schwerer Fall (§ 283d Abs. 3): insb. Gewinnsucht oder wissentliches Gefährden vieler Personen.
  • Strafrahmen: bis 5 Jahre oder Geldstrafe; im Regelfall des besonders schweren Falls 6 Monate bis 10 Jahre.
  • Objektive Strafbarkeitsbedingung (§ 283d Abs. 4): Strafbar nur, wenn der andere Zahlungen eingestellt hat oder das Insolvenzverfahren eröffnet/der Antrag mangels Masse abgewiesen wurde.

Der Tatbestand im Detail

1) Geschütztes Vermögen & Massebezug

Erfasst sind Gegenstände, die bei Verfahrenseröffnung zur Insolvenzmasse gehören würden (Deckungsgleichheit mit § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB).

2) „Mit Einwilligung oder zu dessen Gunsten“

  • Einwilligung: Handeln mit Zustimmung des Schuldners.
  • „Zu dessen Gunsten“: Ziel ist ein Vorteil für den Schuldner (nicht für einen anderen Gläubiger) auf Kosten der Gesamtheit.

3) Tathandlungen

  • Beiseiteschaffen/Verheimlichen: Entzug der Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger/InsO-Organe.
  • Zerstören/Beschädigen/Unbrauchbarmachen: Substanz-/Funktionsbeeinträchtigung entgegen ordnungsgemäßer Wirtschaft.

4) Zeitliche Varianten

  • Abs. 1 Nr. 1: Objektiv drohende Zahlungsunfähigkeit (oder schon eingetreten) und sichere Kenntnis beim Täter.
  • Abs. 1 Nr. 2: Tathandlung nach Zahlungseinstellung / im (Eröffnungs-)Verfahren – hier genügt das Zeitmoment, keine Kenntnis-Problematik.

5) Abgrenzungen

  • § 283c StGB (Gläubigerbegünstigung): Wenn ein Gläubiger mit dem Schuldner inkongruente Sicherheiten/Zahlungen zu eigener Bevorzugung arrangiert, ist § 283c vorrangig – § 283d scheidet aus.
  • § 283 StGB (Bankrott): Erfasst Schuldnerhandlungen; bei Dritt-Handeln mit Einwilligung des Schuldners greift § 283d.

6) Teilnahme & Konkurrenz

  • Schuldner selbst kann anstiften oder beihilfen, sofern er nicht bereits als Unterlassungstäter nach § 283 erfasst ist.
  • Konkurrenzen: Teilnahme an einer Bankrotthandlung tritt hinter § 283d zurück; Tateinheit u. a. mit §§ 257, 263 StGB möglich.

Typische Risikokonstellationen

  • „Rettung“ von Vermögenswerten (Maschinen, Warenlager, Kassenbestand) aus dem Betrieb auf Bitte des Schuldners.
  • Verstecken/Verbringen von Vermögenswerten zu Freunden/Familie oder ins Ausland.
  • „Notverkauf“ unter Wert an verbundene Personen mit Rückbehalt-Nutzen für den Schuldner.
  • Vernichten/Manipulieren von lagerhaltigen Gütern oder wichtigen Unterlagen (teils zusätzlich § 283b StGB).

Verteidigungsansätze (ausgewählt)

  • Keine Massezugehörigkeit des Gegenstands / zivilrechtliche Zuordnung ungeklärt.
  • Kein „Handeln zu dessen Gunsten“ (Vorteil für Dritte/Gläubiger → ggf. § 283c-Prüfung).
  • Fehlende sichere Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit (bei Nr. 1).
  • Kein Eintritt der objektiven Strafbarkeitsbedingung (§ 283d Abs. 4) zum Tatzeitpunkt.
  • Rechtsirrtum/Verbotsirrtum in Ausnahmekonstellationen (eng, aber zu prüfen).
  • Dokumentierte Sanierungs-/Sicherungsstrategie ohne Gläubigerbenachteiligungsabsicht.

Prävention & Compliance (für Dritte, Angehörige, Geschäftspartner)

  • Red Flags ernst nehmen: Rückstände, Pfändungen, Zahlungseinstellung, Insolvenzhinweise.
  • Keine Vermögensverschiebungen ohne juristischen Rat – auch „gut gemeinte Hilfe“ kann strafbar sein.
  • Dokumentation von Gründen und Gegenleistungen/Marktpreisen bei Krisentransaktionen.
  • Transparenz gegenüber vorläufigem Insolvenzverwalter/Gläubigerausschuss, sobald bestellt.

FAQ zu § 283d StGB (Schuldnerbegünstigung)

Wer kann Täter sein?
Jede dritte Person (auch Mitarbeiter/Angehörige/teilweise Gläubiger). Nicht der Schuldner selbst als Täter des § 283d – der fällt vorrangig unter § 283.

Ist der Versuch strafbar?
Ja, § 283d Abs. 2.

Wann liegt ein besonders schwerer Fall vor?
Regelmäßig bei Gewinnsucht oder wenn wissentlich viele Personen in Vermögensverlust oder wirtschaftliche Not gebracht werden.

Reicht es, wenn ich „helfe“ Dinge wegzuschaffen?
Ja – genau das typisiert der Tatbestand: Beiseiteschaffen mit Einwilligung des Schuldners oder „zu dessen Gunsten“.

Unterschied zu § 283c StGB (Gläubigerbegünstigung)?
§ 283c schützt vor Bevorzugung eines Gläubigers durch inkongruente Leistungen; § 283d adressiert das Wegschaffen/Verheimlichen zugunsten des Schuldners durch Dritte.

Gilt das auch vor der Insolvenz?
Ja – Nr. 1 erfasst drohende Zahlungsunfähigkeit (bei sicherer Täterkenntnis). Nr. 2 greift nach Zahlungseinstellung/im (Eröffnungs-)Verfahren.

Ist ohne Zahlungseinstellung überhaupt etwas strafbar?
Abs. 4 verlangt für die Strafbarkeit u. a. Zahlungseinstellung oder Eröffnung/Abweisung mangels Masse beim Schuldner.


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