Vorschaubild Seite 7 - Newsletter Medizinstrafrecht 2013
Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

Vorstellung eines Straftatbestandes - Die ärztliche Verschwiegenheitspflicht § 203 StGB

Die ärztliche Schweigepflicht ist die wesentliche Voraussetzung für ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis. Nach der ihrer Berufsordnung haben Ärzte daher "über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Ärztin oder Arzt anvertraut oder bekannt geworden ist – auch über den Tod der eines Patienten hinaus – zu schweigen". Ein Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht ist zugleich strafbar und wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und wenn die Tat gegen Entgelt oder mit Bereicherungsabsicht erfolgt, mit bis zu zwei Jahren geahndet (§ 203 Strafgesetzbuch).

Wesentlich ist, dass der Patient sich mit seinem Geheimnis – das sind personenbezogene Informationen, die sich auf die Person des Betroffenen und seine Lebensverhältnisse beziehen – dem Arzt oder Angehörigen eines Heilberufs anvertraut hat. Gleiches gilt übrigens auch für andere Berufsgruppen wie z. B. Apotheker, Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer. Rein private Mitteilungen ohne Bezug zum Beruf fallen nicht unter § 203 StGB. Es liegt auch keine Verletzung von Privatgeheimnissen vor, wenn es sich um offenkundige Tatsachen handelt. Aber Vorsicht: Tendenziell wird der Begriff eher weit ausgelegt.

Die Offenbarung eines Geheimnisses ist jedoch gerechtfertigt, wenn sie nicht unbefugt erfolgt. Dies ist vor allem gegeben, wenn eine tatsächliche oder mutmaßliche Einwilligung vorliegt. Daneben begründet ein rechtfertigender Notstand eine Offenbarungsbefugnis. (§ 34 StGB). Eine Offenbarungsbefugnis stellt ein Recht, aber keine Pflicht dar. Offenbarungspflichten bestehen dagegen nur in seltenen Ausnahmefällen – namentlich dann, wenn Leib und Leben eines Menschen direkt und akut gefährdet sind und durch Offenbarung (weitere) Schäden abgewendet werden können.

In folgenden Fällen ist eine ärztliche Offenbarungsbefugnis oder sogar eine Offenbarungspflicht gegeben, die eine Verletzung der gesetzlichen Schweigepflicht rechtfertigen:

Der Patient erteilt seine Einwilligung zur Weitergabe persönlicher Daten Dieses Einverständnis kann aus- drücklich oder stillschweigend erfolgen. Gleiches gilt, wenn von einer mutmaßlichen Einwilligung des Pati- enten auszugehen ist.

Beispiel:
Ein Arzt informiert die Angehörigen eines bewusstlosen Unfallverletzten.

Es besteht eine Anzeigepflicht (Offenbarungspflicht) im Zusammenhang mit der Verhütung einer schwerwiegenden Straftat gemäß § 138 StGB oder einer sonstigen gesetzlichen Verpflichtung.

Beispiele:
Ein Patient kündigt gegenüber dem Arzt ein Tötungsdelikt an einer dritten Person an. Der Arzt hält die Aussage für glaubwürdig und informiert deshalb die Polizei unter Angabe des Patientennamens.

Es erfolgt eine Meldung nach dem Infektionsschutzgesetz.

Es liegt die Gefährdung eines höherwertigen Rechtsgutes, d.h. eines rechtlich geschützten Interesses oder ein rechtfertigender Notstand gemäß § 34 StGB vor.

Beispiele:

Ein Arzt bricht die Schweigepflicht gegenüber einem HIV-positiven Patienten, da dieser sich weigert, seine Ehefrau über seine Infektion zu informieren. Nach OLG Frankfurt (Az. 8 U 67/99) besteht in diesem Fall sogar eine Offenbarungspflicht.

Ein Arzt erstattet Anzeige, nachdem er konkrete Anhaltspunkte für wiederholte Kindesmisshandlungen in der Familie eines Patienten gewonnen hat.

Praxis contra Rechtslage?

Vielfach entspricht die Praxis nicht der Rechtslage, wie folgendes Beispiel zeigt:
In die Ambulanz eines Krankenhauses kommt gegen 23 Uhr ein Mann mit Schussverletzungen. Er wird stationär aufgenommen. Wenig später ruft die Polizei an und teilt mit, dass sie nach einem Schusswechsel eine flüchtige Person sucht. Der Arzt bestätigt die Aufnahme des Patienten, der wenig später festgenommen wird.

Hier liegt ein eindeutiger Verstoß gegen die ärztliche Verschwiegenheitspflicht vor. Der Arzt hat sich strafbar gemacht. Erst recht wäre das aktive Verständigen der Polizei strafbar.

Zurück zu Seite 6 | Weiter zu Seite 8