Vorschaubild Seite 11 - Newsletter Medizinstrafrecht 2012
Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

Gastbeitrag: Die Verfahren nach dem Strafverfahren

Approbation und Kassenzulassung können in Frage stehen

Das (Fehl-)verhalten eines Kassenarztes berührt grundsätzlich drei unterschiedliche rechtliche Regelungskreise: Neben eine strafrechtlichen Würdigung durch die Staatsanwaltschaft tritt möglicherweise auch eine approbationsrechtliche Bewertung durch die Approbationsbehörde sowie eventuell ein Tätigwerden der Zulassungsgremien bei der Kassenärztlichen Vereinigung.

Sollte die Staatsanwaltschaft einen strafwürdigen Tatbestand sehen, entscheidet hierüber letztendlich die ordentliche (Straf-)gerichtsbarkeit, im Falle eines Approbationsentzugs durch die Approbationsbehörde (in Hessen das Hessische Landesprüfungs- und Untersuchungsamt) gegebenenfalls die Verwaltungsgerichtsbarkeit und bei einem Entzug der vertragsärztlichen Zulassung durch die Zulassungsgremien bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Sozialgerichtsbarkeit endgültig.

Die Unterschiedlichkeit der hier zur Bewertung und Entscheidung berufenen Verwaltungsbehörden und Gerichtsbarkeiten führt auch dazu, dass keineswegs immer gleich gelagerte Ergebnisse zu erwarten sind. Der Betrachtungswinkel und der Entscheidungsmaßstab der Strafverfolgungsbehörden, der Approbationsbehörden und der Zulassungsgremien ist ebenso wie den entsprechenden Gerichtsbarkeiten unterschiedlich, so dass keineswegs davon ausgegangen werden kann, dass ein für den betroffenen Arzt günstiges Ergebnis im Rahmen des Strafverfahrens automatisch dazu führt, dass auch ein Verfahren vor den Approbationsbehörden und den Zulassungsgremien zum Ergebnis hat, dass Approbation und vertragsärztliche Zulassung immer erhalten bleiben.

Gerade in Fallgestaltungen, in denen das zu bewertende tatbestandliche Verhalten nicht allein strafrechtliche Kategorien berührt, sondern auch spezifisch ärztliche und vertragsärztliche Pflichten, kann es zu Überschneidungen der genannten Rechtskreise kommen. Dies gilt beispielsweise – aber nicht nur - für Verfahren im Rahmen des Betäubungsmittelrechts, der Vorteilsannahme oder des Betrugs. Derartige Konstellationen berühren grundsätzlich auch Fragen der ärztlichen und vertragsärztlichen Zuverlässigkeit und des Vertrauensverhältnisses innerhalb des Gesundheitssystems.

So kann es vorkommen, dass ein Strafverfahren wegen eines dauernden Verfahrenshindernisses ohne eine Verurteilung beendet wird oder dass dieses Strafverfahren – gegebenenfalls auch gegen Zahlung einer Geldbuße – zur Einstellung gelangt. Im strafrechtlichen Sinne liegt dann keine Verurteilung vor; der Arzt kann sich nach wie vor als "nicht vorbestraft" bezeichnen.

Allerdings – und dies wird auch von Strafrechts-Praktikern nicht immer in der vollen Dimension gesehen – kann aufgrund der nach wie vor verwertbaren Erkenntnisse aus dem Strafverfahren seitens der Approbationsbehörde ein Verfahren zur Prüfung eingeleitet werden, ob die Approbation zu widerrufen ist. Die Tatsache, dass das Strafverfahren nicht zu einer Verurteilung geführt hat, präjudiziert hierbei nicht automatisch, dass die Approbation erhalten bleibt. Vielmehr kann und darf die Approbationsbehörde den ermittelten Sachverhalt aufgrund ihrer eigenen Einschätzungsprärogative anders betrachten und zu anderen Ergebnissen gelangen. Zu beachten ist hier, dass die Prüfung unter dem Aspekt der Verletzung spezifisch ärztlicher Pflichten erfolgt. Daher kann im Einzelfall ein Verhalten, das strafrechtlich nur zu der Bewertung "geringe Schuld, kein öffentliches Strafverfolgungsinteresse" führt, approbationsrechtlich durchaus als relevant angesehen werden.

Auch die Zulassungsgremien bei den Kassenärztlichen Vereinigungen haben aufgrund ihrer anderen gesetzlichen Vorgaben einen anderen Betrachtungswinkel und einen eigenen Ermessensspielraum.

So kann es im Einzelfall vorkommen, dass die Approbationsbehörde zu dem Ergebnis gelangt, dass die Approbation zu entziehen ist, aber möglicherweise dem Arzt – im Rahmen einer "Bewährung" – eine Berufsausübungserlaubnis befristet erteilt werden kann, nach deren Ablauf eine Wiedererlangung der Approbation in Aussicht gestellt wird. Dies bedeutet, dass der Arzt nach wie vor zur Ausübung seines ärztlichen Berufes berechtigt bleibt.

In solchen Fällen müssen die Zulassungsgremien bei den Kassenärztlichen Vereinigungen – jedenfalls nach herrschender Meinung – aber dennoch eine vertragsärztliche Zulassung als Kassenarzt widerrufen, weil diese einen approbierten Leistungserbringer voraussetzt.

Auch wenn zum Beispiel ein Strafverfolgungsinteresse verneint wird und rein approbationsrechtlich keine so starke Verletzung ärztlicher Pflichten anzunehmen ist, dass ein Widerruf der Approbation zwingend erscheint, kann unter vertragsärztliche Betrachtungsweise eine Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung in Betracht kommen, wenn durch das in Rede stehende Verhalten des Arztes die Vertrauensbasis zwischen diesem Arzt, der Kassenärztlichen Vereinigung und den gesetzlichen Krankenkassen nachhaltig erschüttert wurde.

Die Vielschichtigkeit der aufgezeigten Problematik zeigt sehr deutlich, dass in der Praxis bei der Beratung eines Arztes im Rahmen der Strafverteidigung stets auch die approbationsrechtlichen und vertragsarztrechtlichen Aspekte mit zu betrachten sind. Hier empfiehlt sich die Kooperation entsprechender Fachleute, die mit den Besonderheiten der jeweiligen Rechtsgebiete gut vertraut sind.

Von Rechtsanwalt Matthias Mann

Matthias Mann ist Rechtsanwalt mit Arbeitsschwerpunkt Medizinrecht (spez. Vertragsarztrecht). Er war früher Verwaltungsdirektor eines kommunalen Klinikums. Kontakt: kanzlei@rechtsanwalt-mann.de

Zurück zu Seite 10 | Weiter zu Seite 12