Vorschaubild Seite 3 - Newsletter Medizinstrafrecht 2011
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Ärzte im Focus der Staatsanwaltschaft

"Reden ist Silber – Schweigen ist Gold"

Immer häufiger geraten Ärzte in den Focus der Staatsanwaltschaft. Die Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen bei der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main führte im vergangenen Jahr allein 569 Ermittlungsverfahren – rund doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Tendenz steigend.

In Arzt-Strafsachen kommt dem Verteidigerhandeln besondere Bedeutung zu. Um die bestehenden Verteidigungsmöglichkeiten effizient nutzen zu können, bedarf es der frühzeitigen Einschaltung eines im Strafrecht erfahrenen Anwalts. Dazu kommt es bisweilen nicht, weil betroffene Ärzte die Anzeichen für ein eingeleitetes Ermittlungsverfahren fehldeuten. Oft wähnen sie sich auch in trügerischer Sicherheit, weil sie nach der Beschlagnahme von Behandlungsunterlagen lange nichts mehr von Polizei oder Staatsanwaltschaft hören. In Wirklichkeit nehmen die Ermittlungen ihren Gang und Chancen, es für den beschuldigten Arzt zu beeinflussen, werden vertan. Nicht selten führt die Staatsanwaltschaft ein Verfahren auch lange Zeit gegen "Unbekannt", so dass der Betroffene erst sehr spät bemerkt, dass er in der Rolle eines Beschuldigten ist.

Ist von einem Ermittlungsverfahren auszugehen, so sollte der betroffene Arzt die in Betracht kommenden Behandlungsunterlagen kopieren, da in der Regel – und zwar sehr frühzeitig – mit einer Beschlagnahme zu rechnen ist. Zum einen ist dies für den weiteren Praxisbetrieb wichtig. Zum anderen sind diese Unterlagen für die Verteidigung von größter Bedeutung und nach Beschlagnahme nicht ohne Weiteres wieder zu erlangen, weil sie als Beweismittel gelten.

Zu warnen ist vor vorschnellen Angaben zur Sache

Besonders zu warnen ist vor vorschnellen Einlassungen und Angaben zur Sache, ehe man den genauen strafrechtlichen Vorwurf und den Inhalt der Ermittlungsakte kennt.

Gerade bei Ärzten beobachten wir immer wieder, dass sie förmlich einen Drang haben, sich und ihre Behandlung zu rechtfertigen. Dies führt zu vorschnellen Angaben, die sich – vor allem wenn es dazu bereits Gutachten gibt – als sehr nachteilig erweisen können.

Auch über informelle Gespräche werden Vermerke gefertigt

Schließlich sollte man wissen, dass Polizeibeamte auch über informelle Gespräche Vermerke fertigen, die in das weitere Verfahren Eingang finden. Daher gilt der alte Grundsatz "Reden ist Silber – Schweigen ist Gold" auch zu Beginn eines Ermittlungsverfahrens.

Nachdem über einen mandatierten Anwalt Einsicht in die Ermittlungsakte genommen worden ist, kann im Rahmen einer Verteidigungsstrategie erörtert werden, ob und ggf. wie man sich zur Sache einlässt. Das ist naturgemäß vom Einzelfall abhängig.

Aufklärungsumfang bei Operationen

Zeitpunkt der Aufklärung bei Wechsel der Behandlungsmethode

Wird ein Eingriff ohne die wirksame Einwilligung des Patienten vorgenommen, so ist der Eingriff als Verletzung des Behandlungsvertrages und zugleich als Körperverletzung zu werten. Dies kann zu Schadensersatzforderungen, zu Schmerzensgeldansprüchen und der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft mit allen nachteiligen Konsequenzen führen.

In einem vom Brandenburgischen Oberlandesgericht zu entscheidenden Fall kam es kurz vor dem Eingriff zu einem Wechsel der Operationsmethode

In einem vom Brandenburgischen Oberlandesgericht zu entscheidenden Fall (15.07.2010, 12 U 232/09) kam es kurz vor dem Eingriff zu einem Wechsel der Operationsmethode. Anstelle konventioneller Technik wurde laparoskopisch operiert. Der vorgenommene Eingriff war von der Einwilligung in die Operation nach der konventionellen Technik nicht gedeckt. Eine erst am Tage der Operation vorgenommene Aufklärung, bei der der Patient bereits unter Medikamenteneinfluss stand, führte nicht zu einer wirksamen Einwilligung. Das Gericht verurteilte daher die Verantwortlichen zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld. Unbekannt ist, ob daneben auch eine strafrechtliche Sanktion erfolgt oder noch zu erwarten ist.

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