Vorschaubild Seite 8 - Newsletter Medizinstrafrecht 2012
Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

Ärzte weder Amtsträger noch Beauftragte der Kassen

BGH-Urteil kein Freibrief – Gesetzgeber soll handeln

Niedergelassene Ärzte sind gut beraten, sich keine rechtswidrigen Vorteile (mehr) gewähren zu lassen. Unternehmen, die mit Ärzten zusammenarbeiten, ist die Implementierung eines Compliance-Systems zu empfehlen, um korruptives Verhalten weitgehend auszuschließen.

Mit einer lange erwarteten Entscheidung hat der Große Senat in Strafsachen beim Bundesgerichtshof endlich Klarheit zur Frage geschaffen, ob niedergelassene Ärzte sich der Bestechlichkeit strafbar machen können. Der wesentliche Inhalt: Ein niedergelassener Arzt handelt bei der Wahrnehmung seiner vertragsärztlichen Aufgaben weder als Amtsträger noch als Beauftragter im Sinne von § 299 Strafgesetzbuch (StGB) und kann daher auch nicht in strafrechtlicher Weise bestochen werden. (BGH Gr. Senat in Strafsachen Beschl. v. 29. 03. 2012 – GSSt 2/11)

Dem Urteil liegt ein Verfahren zugrunde, das als "Verordnungsmanagement" praktiziert wurde. Ärzte erhielten für die Verordnung bestimmter Medikamente eines Herstellers von diesem Prämien, die als Honorare für angebliche wissenschaftliche Vorträge getarnt wurden. Das Landgericht Hamburg hatte in diesem Zusammenhang einen Arzt und eine Pharmareferentin wegen Bestechlichkeit nach § 299 StGB verurteilt. Auf die Revision hin war dem Großen Senat die Frage vorgelegt worden, ob ein Arzt bei der vertragsärztlichen Versorgung und der Verordnung von Arzneimitteln als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1, Nr. 2 c StGB oder hilfsweise als Beauftragter eines geschäftlichen Betriebs im geschäftlichen Verkehr handelt. Mit der gleichen Frage, bezogen auf medizinische Hilfsmittel, hatte sich bereits der 3. Strafsenat des BGH beschäftigt. Das Urteil lässt sich mit folgenden Kernsätzen zusammenfassen:

Es ist zu erwarten, dass der Gesetzgeber den Hinweis des Großen Senats aufgreifen und im Rahmen der bereits laufenden politischen Initiativen zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen entsprechend berücksichtigen wird.

Auf Wunsch übersenden wir Ihnen das vollständige Urteil: kanzlei@dr-buchert.de

Praxistipp

Das Urteil ist nicht als Freibrief zu verstehen, denn der Beschluss beschränkt sich auf die vorgelegten Fragen. Offen ist daher, ob sich die Beteiligten wegen Betrugs (§ 263 Abs. 1 StGB) oder Untreue (§ 266 Abs. Var. 1 StGB) strafbar gemacht haben. Während ein Betrug eher fraglich erscheint, spricht einiges dafür, dass der Arzt gegenüber den Krankenkassen eine sich möglicherweise aus § 12 Abs. 1 SGB V ergebende Vermögensbetreuungspflicht hat. Eine Strafbarkeit wegen Untreue ist daher durchaus denkbar.

Hinzu kommt ein möglicher Verstoß gegen das Gesetz über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens (HWG), das zu Schadensersatzpflichten und Geldbußen bis zu 50.000 Euro für jeden Einzelfall führen kann, sowie berufsrechtliche Sanktionen.

Zurück zu Seite 7 | Weiter zu Seite 9