Vorschaubild Seite 4 - Newsletter Medizinstrafrecht 2012
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Vorstellung eines Straftatbestandes

Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse § 278 Strafgesetzbuch

Gemäß § 278 des Strafgesetzbuchs (StGB) wird das Ausstellen inhaltlich unrichtiger Gesundheitszeugnisse bestraft. Darunter fallen medizinische Feststellungen, die nicht mit den wahren Tatsachen übereinstimmen. Dies sind einerseits sogenannte Gefälligkeitsatteste, andererseits aber auch etwa die Angabe eines unzutreffenden Krankheitsgrundes. Ebenfalls darunter zu fassen sind Impfscheine, gutachtliche Äußerungen und Angaben zu Blutalkoholkonzentrationen.

Schutzzweck des Gesetzes ist die prozessuale und außerprozessuale Beweiskraft von Gesundheitszeugnissen, insbesondere im Behörden- oder Versicherungsverkehr. Eine konkrete Verwendung des Zeugnisses ist daher nicht notwendig.

Als Täter im Sinne des § 278 StGB kommen nur approbierte Ärzte und andere Personen aus dem medizinischen Bereich in Betracht, deren Ausbildung gesetzlich geregelt ist. Darunter fallen daher z.B. auch Physiotherapeuten, Masseure, Logopäden, Hebammen und Heilpraktiker.

Weiß der Mediziner, der das unrichtige Gesundheitszeugnis ausstellt, dass der Patient damit eine betrügerische Handlung begeht, so erfüllt er damit außerdem eine strafbare Beihilfe.

Praxistipp:
Da § 278 StGB "wider besseres Wissen" voraussetzt, muss dem Arzt bei der Tatbegehung bewusst gewesen sein, dass das ausgestellte Gesundheitszeugnis nicht mit den wahren Tatsachen übereinstimmt.

Zweifel, Unsicherheiten oder ein "schlechtes" Gefühl reichen für die Tatbestandsverwirklichung daher nicht aus. Diese Umstände bieten Raum für juristische Argumentationen und können einen Anknüpfungspunkt für eine erfolgreiche Strafverteidigung darstellen.

Falsche Angaben bedeuten Strafbarkeitsrisiko

Vor allem Gefälligkeitsatteste bergen für Ärzte ein Risiko, sich strafbar zu machen.

So werden in den Sommermonaten häufig Bitten an (Haus-)Ärzte herangetragen, Gefälligkeitsatteste auszustellen, um die Stornierung einer geplanten Reise nach Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung zu begründen. Ärzte, die dem entsprechen, machen sich grundsätzlich strafbar wegen der Ausstellung eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses. Zudem kommt eine Beihilfe zum Betrug in Betracht.

Patienten bitten bisweilen auch – oft ohne Problembewusstsein – um eine rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, wenn sie einmal dem Arbeitsplatz ferngeblieben sind oder beispielsweise einen Gerichtstermin nicht wahrgenommen haben. In allen diesen Konstellationen wird der Tatbestand des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse erfüllt.

Lehrreich ist auch folgender Sachverhalt, bei dem der Arzt, ein Psychiater, einem Mann ein Attest ausgestellt hatte, das dieser in seinem anstehenden Asylverfahren vorlegte. Das Attest bescheinigte dem Betreffenden, unter einer posttraumatischen Belastungsstörung zu leiden und daher nicht "abschiebungsfähig" zu sein. Er befinde sich regelmäßig in therapeutischer Behandlung. Wie sich im Asylverfahren herausstellte, stimmte das nicht.

Die Richter verurteilten den Arzt zu einer Geldbuße in Höhe von 2.000 Euro. Er habe sowohl seine ärztliche Sorgfalts- als auch seine Neutralitätspflicht missachtet, um offensichtlich das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung in dem Asylverfahren in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen. Die Richter wiesen darauf hin, dass durch solche Verstöße das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität und Zuverlässigkeit von Ärzten erschüttert werde.

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