Vorschaubild Seite 10 - Newsletter Medizinstrafrecht 2012
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Neue Diskussion zur Sterbehilfe: Mediziner und Pfleger nur ausnahmsweise straffrei?

Bis zu drei Jahre Haft für gewerbsmäßige Sterbehilfe

Nach Bekanntwerden eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Änderung von § 217 des Strafgesetzbuchs gibt es eine neue Diskussion zum Thema Sterbehilfe. Nach den Vorstellungen des Justizministeriums soll gewerbsmäßige Sterbehilfe künftig mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden können. Ausgenommen sein von einem strafrechtlichen Verbot sollen alle Suizid-Beihilfen, bei denen es nicht um Gewinnerzielung geht. Mit Strafe bedroht würden danach alle Organisationen, die auf eine Förderung der Sterbehilfe zielen und für diese Gewährung Geld nehmen.

Während das Bundesjustizministerium in seinem Entwurf ausdrücklich darauf verzichtet, Ärzten und Pflegekräften bei einer Sterbehilfe generell Straffreiheit in Aussicht zu stellen, hat das Bayrische Justizministerium einen Vorstoß unternommen, der deutlich weiter geht. Es plädiert dafür, grundsätzlich allen Personen Straffreiheit zuzusichern, die "die ärztliche und pflegerische Betreuung" eines Suizid-Willigen übernommen haben. Nach Auffassung des Bundesjustizministeriums soll das nur gelten, wenn Mediziner und Pfleger einem Sterbewilligen "besonders nahestehen".

Die Bundesärztekammer hatte den Entwurf der Bundesregierung scharf kritisiert. Sie ist gegen jede Lockerung in Richtung einer aktiven Sterbehilfe. Anderer Auffassung ist offensichtlich die Bayerische Ärztekammer. Sie hatte bereits den Beschluss der Bundesärztekammer nicht umgesetzt, wonach Medizinern Hilfe beim Freitod verboten ist. Nach der bayrischen Berufsordnung für Ärzte haben sie Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und ihres Willens beizustehen.

Rechtslage zur Sterbehilfe

Im juristischen Sprachgebrauch unterscheidet man aktive, passive und indirekte Sterbehilfe.

Aktive Sterbehilfe: Als aktive Sterbehilfe bezeichnet man die absichtliche und aktive Beschleunigung oder Herbeiführung des Todeseintritts; der Tod ist beabsichtigt. Die aktive Sterbehilfe ist in Deutschland strafbar. Sie ist selbst bei einer nur geringen Lebensverkürzung und auch dann strafbar, wenn der Sterbende seine Tötung ausdrücklich verlangt.

Passive Sterbehilfe: Unter passiver Sterbehilfe versteht man das Unterlassen, Beenden oder Begrenzen einer lebenserhaltenden Maßnahme. Hierunter können beispielsweise der Abbruch oder Verzicht auf künstliche Ernährung, Flüssigkeitszufuhr oder Medikamentengabe unter Beibehaltung von "Grundpflege" und schmerzlindernder Behandlung fallen. Die passive Sterbehilfe ist straffrei, soweit sie dem (mutmaßlichen) Willen des Patienten entspricht oder eine valide Patientenverfügung vorliegt. Ohne Einwilligung des Patienten ist sie auch straflos, wenn der Sterbeprozess nicht mehr aufzuhalten und der Todeseintritt in kurzer Zeit zu erwarten, die Weiterbehandlung also nicht mehr medizinisch indiziert ist. Der Nationale Ethikrat schlägt hierfür die ausschließliche Verwendung des Begriffs "Sterbenlassen" vor.

Indirekte Sterbehilfe: Von der indirekten Sterbehilfe spricht man, wenn ein aus ärztlicher Sicht notwendige schmerzlindernde Behandlung bei einem tödlich Kranken oder Sterbenden unter Inkaufnahme eines (nicht intendierten) Lebensverkürzungsrisikos erfolgt. Im Gegensatz zur aktiven Sterbehilfe ist der Tod nicht beabsichtigt, sondern nur in Kauf genommen. Der Nationale Ethikrat schlägt hierfür die ausschließliche Verwendung des Begriffs "Therapie am Lebensende" vor. Die indirekte Sterbehilfe ist straffrei, soweit auch sie dem (mutmaßlichen) Willen des Patienten entspricht oder eine valide Patientenverfügung vorliegt.

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