Vorschaubild Seite 1 - Newsletter Medizinstrafrecht 2012
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Themenschwerpunkt: Compliance-Management-Systeme für Kliniken

Keine Verpflichtung aber dringendes Erfordernis

Ein Thema, das Unternehmen der freien Wirtschaft seit langem beherrscht, scheint bei Kliniken und in Gesundheitskonzernen noch nicht angekommen zu sein: Compliance. Dabei geht es nicht um die Medizinern geläufige Verordnungstreue eines Patienten. „Patient“ ist hier eher das Unternehmen, dessen Führungsverantwortliche sicherzustellen haben, dass rechtliche Regelungen eingehalten und befolgt werden. Das klingt zunächst selbstverständlich. Nicht selbstverständlich sind die Maßnahmen und organisatorischen Strukturen, die heute erforderlich sind, um Unregelmäßigkeiten und daran anknüpfende Haftungs- und Strafbarkeitsrisiken zu vermeiden.

Seit Krankenhäuser und Klinikkonzerne unternehmerisch arbeiten und wirtschaften müssen – als Stichworte seien nur Zielgrößen, Case-mix-Index und Relativgewichte genannt – unterliegen sie auch den Spielregeln der freien Wirtschaft. Für diese hat Compliance eine zunehmende Bedeutung, ist fast zu einem „Hype“ geworden. Im Folgenden soll aber nicht über die mit dem Thema verbundenen Auswüchse gesprochen, sondern es sollen grundsätzliche Erfordernisse für den Krankenhausbereich skizziert werden.

Compliance dient der Risikovermeidung, ist also Teil des Risikomanagements. Den Verantwortlichen in einer Klinik drohen zum einen rechtliche Risiken in Form von Regress, Bußgeldern und Sanktionen strafrechtlicher Art, zum anderen Reputationsrisiken. Markante Beispiele aus diesem Jahr sind der Tod von Frühchen in einer Klinik in Bremen, die Ermittlungen gegen den Helios-Konzern wegen Abrechnungsbetrug und der jüngste „Organspende-Skandal“, der noch einer vollständigen Aufklärung harrt. In jedem Falle bedeuten Vorgänge dieser Art, dass die Protagonisten mit Schadensersatzforderungen und strafrechtlicher Verfolgung rechnen müssen und sowohl die eigene, als auch die Reputation der von Ihnen vertretenen Kliniken schweren Schaden nimmt.

Die Pflicht zu rechtskonformem Verhalten sollte zwar selbstverständlich sein, wesentlich ist indes, wie Unternehmensverantwortliche dies sicherstellen. Dabei geht es im Wesentlichen um Sorgfaltspflichten, Überwachungspflichten und Legalitätspflichten, die Vorstände, Aufsichtsräte, Geschäftsführer und Verantwortliche in der Ärztehierarchie treffen.

Haftungsrisiken finden sich insbesondere im Ordnungswidrigkeitsrecht und Strafrecht.

Ein Compliance-Management-System (CMS) ist primär auf die Sicherstellung regelkonformen Verhaltens gerichtet. Das Unternehmen soll so vor Sanktionen und Haftungsansprüchen geschützt und persönliche Haftungs- und Strafbarkeitsrisiken sollen vermieden werden. Haftungsrisiken finden sich insbesondere im Ordnungswidrigkeitsrecht und Strafrecht.

Werden notwendige Aufsichtsmaßnahmen zur Verhinderung von Zuwiderhandlungen gegen unternehmensbezogene Pflichten unterlassen, droht dem Betroffenen nach § 130 OWiG eine Geldbuße bis zu einer Million Euro. Ein Betrag, der nach aktuellen politischen Initiativen verzehnfacht werden soll. Bei etwaigem Organisationsverschulden ist im Weiteren rasch eine mittelbare Täterschaft (§ 25 StGB) gegeben, bei einer Garantenstellung sogar Täterschaft. Dies gilt nicht nur für Ärzte, die unmittelbar Verantwortung für ihre Patienten tragen. Eine solche Garantenstellung hat der Bundesgerichtshof bereits auch für den Leiter einer Revision und für einen Compliance-Beauftragten bejaht (BGH54, 44). Zunehmend müssen also auch "Täter hinter den Tätern" damit rechnen, zur Verantwortung gezogen zu werden.

Es droht eine Gewinnabschöpfung.

Auch Unternehmen können nach § 30 OWiG mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro belegt werden. Dies gilt auch bei öffentlich-rechtlicher Trägerschaft. Schließlich droht ggf. eine Gewinnabschöpfung (§ 73 StGB) nach dem Bruttoprinzip, was den Bestand des Unternehmens gefährden kann.

Worin besteht nun ein Compliance-System?

Richtlinien müssen lesbar und verständlich bleiben

In Kliniken ist der bürokratische Aufwand ohnehin bereits extrem gestiegen. Alle diese Kodizes und Richtlinien müssen daher lesbar und verständlich bleiben. Nur dann besteht eine Chance, dass sie auch gelebt werden.

Weitere Effekte eines Compliance-Management-Systems sind

Eine rechtliche Verpflichtung zur Installation eines Compliance-Management-Systems besteht nicht. Vielmehr ist dies eine Ermessensfrage. Dabei ist das Ermessen durch die skizzierten rechtlichen Rahmenbedingungen erheblich eingeschränkt und deshalb ein CMS dringend zu empfehlen. Art und Umfang einer Umsetzung bestimmen sich vor allem nach der Größe des Klinikums, den drohenden Risiken und den gegebenen Überwachungsmöglichkeiten.

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